re:publica 24: Bundesbank gewährt kleinen Einblick in KI-Aufsicht

Künstliche Intelligenz soll die Bankenaufsicht verbessern – doch noch fehlt es an einem wesentlichen Schritt

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Geldmünzen und Taschenrechner

(Bild: Sebastian Duda/Shutterstock.com)

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Welche Risiken verstecken sich in den Büchern der Banken? Diese Fragestellung beschäftigt die Bankenaufsicht seit Jahrzehnten – meist mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Die Bundesbank ist für die Prüfung bestimmter Risiken bei kleineren deutschen Geldhäusern zuständig – und setzt zunehmend auf Künstliche Intelligenz. Doch eine wesentliche Voraussetzung fehlt noch.

Die Prüfung von Banken ist ein komplexer Vorgang: Diese müssen den Aufsichtsbehörden nachweisen, dass sie sich an die geltenden Regeln für Banken halten. Je nach Größe unterscheiden die sich – vor allem abhängig von der Größe der Institute. Die Bundesbank beaufsichtigt selbst derzeit etwa 1400 Banken in Deutschland. Die gut 100 größten Banken Europas, sogenannte "Signifikante Institute", werden hingegen in erster Linie von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt. Allerdings arbeiten auch dort die jeweiligen Nationalbanken und in Deutschland für bestimmte Bereiche auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei den Prüfungen mit.

Kern der Aufsichtstätigkeit ist dabei vor allem die Prüfung aller Unterlagen, die notwendig sind, um einzuschätzen, ob eine Bank auf solider Grundlage arbeitet. Sprich: Geht sie zu hohe Risiken ein? Wie sind die Risiken im Vergleich zum sogenannten Eigenkapital einzuschätzen? Dafür müssen die Banken umfangreichen Berichtspflichten nachkommen. Diese zu sichten, Unregelmäßigkeiten zu finden, um dann gegebenenfalls Unterlagen nachzufordern oder einzuschreiten, das ist die Aufgabe der Bankenaufsicht. Aber etwa auch die IT-Organisation entsprechend der Vorschriften für die Kreditwirtschaft gehört zu dem, was Banken regelmäßig nachweisen müssen – alles in allem: Berge von Unterlagen.

Genau hier hofft man in der Abteilung für Digitale Transformation in der Bankenaufsicht auf deutliche Effizienzgewinnung durch den Einsatz von KI-Modellen. Schon 2023 hatte die Bankenaufsicht der EZB laut eigener Darstellung über 40 erfolgversprechende Use-Cases für KI in der Bankenaufsicht identifiziert. Bei der Bundesbank geht es derzeit vor allem um das Durchforsten der Datenmengen, berichtete auf der re:publica 24 der Leiter der Abteilung Digitale Transformation der Aufsicht Christian Drescher. "Nicht immer liegen die Daten strukturiert vor", sagte er. Hier etwa würden Potenziale liegen, um mehr Dokumente strukturiert erschließen zu können, so Drescher.

Die Bundesbank experimentiere derzeit mit einer Vielzahl an Anwendungsfällen. Nicht immer seien die Tests erfolgreich, räumt der Ökonom ein – aber einige vielversprechende Anwendungen gebe es. Zu den Erfolgen zählt er etwa die bessere Erkennung und automatisierte Einbindung relevanter Presseinhalte – bei der Topic Extraction sei mit KI-Modellen bereits jetzt einiges möglich. Denn nicht alle relevanten Vorgänge seien zuerst bei der Bankenaufsicht und dann der Presse bekannt, so Drescher. Hier würde bereits jetzt eine relevante KI-Anwendung produktiv genutzt, die jetzt um weitere Informationsquellen wie Dokumente der Banken erweitert werden solle.

Ein Großteil der Arbeit derzeit sei es, passende Modelle und Anwendungen für die Prüfungsprozesse zu entwickeln. So solle etwa ein No-Code-Editor ab Mitte des Jahres den Bankenprüfern in der Bundesbank zur Verfügung gestellt werden, um auch ohne eigene Programmierkenntnisse modulare KI-Anwendungen in ihre Prozesse einbinden zu können. Dieser soll über die interne Plattform für "Textbasierte Intelligente Assistenten" (TIA) zur Verfügung gestellt werden.

Welche Rolle die europäische KI-Verordnung für den Einsatz algorithmengetriebener Systeme bei der Bundesbank genau spielen wird, konnte Drescher noch nicht genau sagen. Noch sei diese nicht in Kraft – aufgrund der hoheitlichen Tätigkeit sei aber eh abzusehen, dass KI nur unterstützend bei der Bankenaufsicht eingesetzt werden könne. Entscheidungen und ihre Begründung müssten stets nachvollziehbar bleiben und von Menschen verantwortet, das sei auch die Leitlinie der Bundesbank bei ihren Entwicklungen.

Der größte Schritt zum stärkeren KI-Einsatz steht derweil noch aus: Die Bankenaufsicht arbeitet bei ihren Prüfungen mit streng vertraulichem Material. Bislang seien aufgrund der IT-Sicherheitsvorschriften deshalb ausschließlich On-Premise-Instanzen für sensible Daten eingesetzt worden. Die Migration zur Cloud sei keineswegs trivial, erklärt Drescher: bislang habe man dort nur "mit nicht bankvertraulichen Daten" im Prototypstatus arbeiten können. Für mehr müssten die Voraussetzungen erst mit den Anbietern ausverhandelt werden – das gelte gleichermaßen für die Bundesbank als auch für die beaufsichtigten Banken. Vor allem die Lokalisierungs- und Datensicherheitsvorgaben für Hyperscaler seien derzeit noch problematisch.

(mho)