Atomkraft: Von der Leyen setzt sich für längere AKW-Laufzeiten ein
Die Kommissionspräsidentin hat auf dem Kernenergie-Gipfel in Brüssel mehr Investitionen für Atomkraft gefordert. Momentan sei die Zukunft der Technik unsicher.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Atomkraft erneuerbare Energiequellen ergänzen werde, bis die Erneuerbaren voraussichtlich im Jahr 2050 das Rückgrat der Stromerzeugung in der EU bilden werden. Dafür seien Investitionen nötig, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel. Das sei wichtig, damit die Atomenergie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaneutralitätsziel beitragen kann. Zudem könne Atomkraft die Energiesicherheit stärken, indem weniger fossile Energieträger importiert werden müssten, und sie könne die Strompreise stabilisieren helfen.
In Brüssel läuft zurzeit ein Kernenergie-Gipfel, zu dem die belgische Regierung und die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) eingeladen haben. Aus dem Anlass wies von der Leyen darauf hin, dass es in der EU unterschiedliche Ansichten zur Atomkraft gebe. In Ländern, die offen für diese Technik sind, könne sie eine wichtige Rolle bei der Umstellung auf saubere Energie spielen. Durch die russische Invasion der Ukraine und der darauffolgenden Energiekrise hätten auch viele Länder ihren Blick auf die Atomkraft geändert.
"In den meisten Netto-Null-Szenarien spielt die Kernenergie eine Rolle", sagte von der Leyen. Dabei verwies sie auf das Energie-Szenario der Internationalen Energieagentur für 2050, laut dem sich die Atomkraftkapazität bis dahin mehr als verdoppeln könnte. Ähnliches zeigten Prognosen der EU-Kommission auf.
Unsichere Zukunft der Atomkraft
Allerdings bleibe die Zukunft der Atomkraft unsicher, erklärte die Kommissionspräsidentin. In den meisten Ländern gehe ihr Marktanteil zurück. In Europa liege die Kernkraft mit einem Anteil von 22 Prozent an der Stromversorgung nach wie vor an der Spitze, aber dieser Anteil liege deutlich unter dem Niveau der 1990er-Jahre.
Damit die Atomkraft einen wesentlichen Beitrag leisten kann, um Klimaneutralität zu erreichen, müsse die öffentliche Hand sicherstellen, dass "Finanzmittel zur Verfügung stehen und der Beitrag der Kernenergie zur Versorgungssicherheit angemessen anerkannt und vergütet wird", sagte von der Leyen. Dabei hänge die Zukunft der Atomkraft aber auch davon ab, dass die Industrie Zeit- und Kostenrahmen einhält, also Disziplin übt, wie die Präsidentin es formulierte. "Viel zu oft war der Bau neuer Kernkraftwerke mit erheblichen Mehrkosten und Verzögerungen verbunden." Neben der Stromproduktion könne Atomkraft zudem auch eingesetzt werden, um Wärme oder Wasserstoff zu produzieren und bereitzustellen.
"Außerdem muss über Laufzeitverlängerungen für bestehende Kernkraftwerke gesprochen werden, vorausgesetzt natürlich, ihr Betrieb ist sicher", forderte von der Leyen. Längere Laufzeiten seien eine der billigsten Möglichkeiten, um verlässlich saubere Energie in großem Maßstab zu produzieren. Angesichts der "Dringlichkeit der Klimaherausforderung" müssten alle Länder ihre Optionen sorgfältig prüfen, "bevor sie auf eine leicht verfügbare Quelle emissionsarmer Elektrizität verzichten".
Kleine modulare Reaktoren
Kleine modulare Reaktoren (SMR) bezeichnete von der Leyen als eine vielversprechende technische Neuerung, auch wenn es in deren Entwicklung – wie bei der neuen Technik – Höhen und Tiefen gebe. "Es gibt schon mehr als 80 Projekte weltweit, und einige unserer Mitgliedstaaten haben ein starkes Interesse an diesen Reaktoren bekundet."
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Der "Nuclear Energy Summit" ist der erste Gipfel, der auf diesem politischen Niveau abgehalten wird. An ihm beteiligen sich etwa 35 Länder der Welt. Mitveranstalter IAEA betont die Bedeutung der Atomkraft mit Verweis darauf, dass auf der jüngsten Weltklimakonferenz im Dezember 2023 in Dubai die Atomkraft in die emissionsarmen Technologien erstmals einbezogen wurde. Auf der COP28 hatten gut 20 Staaten vereinbart, dafür zu sorgen, dass die Atomkraft weltweit verdreifacht wird.
(anw)