3D-Modeler Blender: RTX-UnterstĂĽtzung und digitale Bildhauerei

Das Update auf Blender 2.81 bringt runderneuerte Sculpting-Werkzeuge. Auch beim Rendering hat sich einiges getan.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
Open Source 3D-Software Blender 2.81 – RTX-Unterstützung und neue digitale Bildhauerei
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Knapp vier Monate nach dem großen Sprung auf Version 2.80 erscheint jetzt die nächste Inkarnation des 3D-Modelers und -Renderers Blender. Das Update auf 2.81 führt die Entwicklung der neuen Bedienoberfläche konsequent weiter, liefert diverse Features nach, die ursprünglich für 2.80 vorgesehen waren und integriert die ersten Projekte, die parallel dazu entwickelt wurden.

Mit den neuen Elastic-Deform-Brushes können selbst ungeübte Anwender Formen so bearbeiten, dass sie organisch bleiben.

Beim Sculpting handelt es sich um eine Art, 3D-Modelle zu formen, die stark an die Arbeit mit Lehm und Ton in der echten Bildhauerei angelehnt ist. Spezielle Sculpting-Werkzeuge erleichtern das Erstellen von digitalen Plastiken. Der Sculpt Cursor folgt in Blender 2.81 jetzt der Ausrichtung der Geometrie und hat einen Punkt in der Mitte, der den nächstgelegenen Vertex anzeigt – auch auf der gespiegelten Seite, wenn die Mirror-Option eingeschaltet ist. Dadurch lässt sich besser abschätzen, wie sich das Werkzeug verhalten wird.

Mit dem neuen Auto Masking lässt sich die Bearbeitung eines Meshes auf Teile beschränken, die mit dem Vertex verbunden sind, unter dem sich der Brush Cursor befindet. Dies verhindert, dass separate Teile des Objekts versehentlich mit bearbeitet werden. Mask Extract erlaubt die Erstellung von neuer Geometrie aus denjenigen Teilen des Meshes, die zuvor als Maske definiert wurden. Der Pose Brush rotiert Teile eines Objekts so, als hätten sie ein Gelenk. Das ist praktisch, um zum Beispiel die Arme eines Characters neu zu positionieren, ohne dafür extra ein Rig (eine Art Skelett) anlegen zu müssen.

Hinter dem neuen Elastic-Deform-Brush versteckt sich eine ganze Reihe von Werkzeugen, die das Volumen des Körpers erhalten. Diese stellen etwa beim Gestalten von Gesichtsausdrücken eines Characters sicher, dass das Ergebnis organisch aussieht. Die Implementierung basiert auf einem von Pixar entwickelten Verfahren.

Die weichen Schatten der mit Version 2.80 eingeführten echtzeitfähigen Render Engine Eevee wurden komplett überarbeitet und haben jetzt eine höhere Qualität bei einfacherer Bedienung. Das gleiche gilt für Kontaktschatten.

Darüber hinaus unterstützt Eevee den Holdout Shader. Objekte mit diesem Shader erzeugen transparente Bereiche im Bild ähnlich einer Schablone. Kombinationen von transparenten und Licht emittierenden Shadern funktionieren in Eevee jetzt genauso wie in der Pathtracing Engine Cycles, was Plasma- und Feuereffekte ermöglicht, also semitransparente, selbstleuchtende Objekte.

Cycles kann jetzt auf hardwareseitige Beschleunigung über nVidia RTX zugreifen; aktiviert wird diese in den Einstellungen über die OptiX-Option. Da aber noch nicht alle Features der CUDA-Version von Cycles unterstützt werden, muss man auf Branched Path Tracing, Baking, Ambient Occlusion und den Bevel Shader dann verzichten. Im Gegenzug können sich die Renderzeiten durchaus halbieren. Das OptiX-Backend wurde direkt von nVidia entwickelt.

Adaptive Subdivision hat es zwar auch nach Jahren nicht aus dem experimentellen Status herausgeschafft, wird aber trotzdem kontinuierlich weiterentwickelt. Bei Verwendung von Displacement und an Materialgrenzen treten jetzt keine Risse mehr auf.

Beim Rendern mit Pathtracing Engines wie Cycles entsteht zunächst ein stark verrauschtes Bild, das mit zunehmender Renderzeit immer weiter aufklart. Spezielle Denoiser versuchen, dieses Rendering-typische Rauschen zu reduzieren. Blender bringt zwar einen eigenen Denoiser für Cycles mit, ergänzt diesen in Version 2.81 aber zusätzlich um OpenImageDenoise von Intel. Der Neue funktioniert als Node im Compositor, kann also im Unterschied zum integrierten Denoiser auch im Nachhinein angewendet werden und erzielt in schwierigen Szenen bessere Ergebnisse. Seine größten Stärken spielt OpenImageDenoise bei Bildern aus, die aufgrund sehr kurzer Renderzeiten stark verrauscht wirken. Um ihn nutzen zu können, ist eine CPU mit mindestens SSE 4.1 erforderlich.

Open Image Denoise von Intel entfernt Rauschen besser als der interne Denoiser, insbesondere bei komplexeren Materialien wie Glas und anderen spiegelnden Oberflächen.

(Bild: blender.org)

Terminator-Artefakte sind ein Problem, mit dem alle auf Pathtracing aufbauenden Render Engines zu kämpfen haben. Das Auftreten solcher gezackter Schatten beim Rendern von Low-Poly-Modellen wurde in Verbindung mit Bump Mapping reduziert. Im Viewport lassen sich jetzt zudem auch einzelne Render Passes wie etwa die Reflexionen einer Szene anzeigen. Bisher musste dafür erst gerendert werden; die Anzeige in der Viewport-Vorschau beschleunigt die Arbeit mit Render Pases ernorm.

Blender 2.81 liefert ein ganzes Arsenal an neuen Nodes. Per Volume Info können Simulationsdaten von Feuer und Rauch ausgelesen werden und die Vertex Color Node liest auf diese Weise in den Punkten eines Modells gespeicherte Farben und Alphawerte. White Noise erzeugt für jeden Shadingpunkt einen Zufallswert, mittels Clamp können Werte beschränkt und mittels Map Range Daten von einem Wertebereich in einen anderen transferiert werden.

Noise, Musgrave, Voronoi und White Noise haben eine vierte Dimension erhalten und können dadurch animiert werden. Math und Vector Math beherrschen eine Vielzahl neuer Operationen. Dank der neuen Nodes und Funktionen eignen sich Eevee und Cycles jetzt deutlich besser für die Erstellung prozeduraler Texturen: Das sind Bilder, die rein über mathematische Methoden erzeugt werden und daher nur wenig Speicherplatz bei beliebiger Auflösung benötigen.

Die in der Vorversion neu gestaltete, deutlich intuitivere Oberfläche wurde weiter optimiert. Blender 2.81 wartet mit einem komplett überarbeiteten Dateibrowser und zahlreichen Verbesserungen im Outliner auf. Dabei wurde die Bedienung weiter vereinheitlicht: Strg+Linksklick fügt jetzt in beiden Editoren Elemente zur Auswahl hinzu, Umschalt+Linksklick selektiert auch alle Elemente dazwischen und im Dateibrowser öffnet die rechte Maustaste nun ebenfalls ein Kontextmenü. Im Outliner lassen sich alle Objekte anzeigen, die entweder im Viewport versteckt sind oder nicht gerendert werden, und die Einstellungen listen alle aktiven Addons. Objekte lassen sich mittels Strg+F2 jetzt stapelweise umbenennen. Suchen und Ersetzen mit regulären Ausdrücken ist dabei ebenfalls möglich – sowohl im Viewport als auch im Outliner, da diese jetzt vollständig synchronisiert sind.

Der neue Dateibrowser ist aufgeräumter, hat den Knopf zum Öffnen rechts unten und lässt sich wie der Outliner bedienen.

Jedem geöffneten Viewport darf man eine eigene Auswahl an Collections zuweisen, die jeweils sichtbar oder nicht sichtbar sein können. Dadurch lassen sich endlich mehrere Viewports, die unterschiedliche Dinge zeigen, nebeneinander nutzen. Der Look-Dev-Modus aus Blender 2.80 heißt jetzt Material Preview. um zu verdeutlichen, dass dieser Modus nur zum Bearbeiten von Materialien gedacht ist.

Die Beleuchtung im Viewport kann jetzt sowohl in Cycles als auch in Eevee aus in der Szene definierten Lichtern plus Umgebungstextur oder aus einer Reihe vordefinierter HDRIs gewählt werden. Damit wird Look Development in der finalen Renderqualität möglich. Die Matcaps (vordefinierte Materialien) im Solid Shading Mode können jetzt in einen diffusen und einen spiegelnden Anteil aufgeteilt werden. Es wird allerdings noch kein solches Matcap mitgeliefert, hier muss der Nutzer selbst Hand anlegen.

Blender 2.81 läuft unter Windows, Mac OS und Linux und steht ab sofort zum Download bereit. (atr)