Afrika will nicht von opportunistischen Datenschürfern ausgenommen werden

Die Datensouveränität müsse bei den einzelnen Staaten liegen, forderte Gambias IT-Minister Ebrima Sillah auf dem Internet Governance Forum in Berlin.

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Afrika will nicht von opportunistischen Datenschürfern ausgenommen werden

(Bild: deepadesigns / Shutterstock.com)

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Die Frage, wem "die Daten" rund ums Internet und vernetzte Apps sowie Geräte gehören, beschäftigt auch die rund 5000 erwarteten Teilnehmer des Internet Governance Forum (IGF) in Berlin. Ebrima Sillah, Minister für Informations- und Kommunikationstechnologie von Gambia, beklagte am Montag, dass afrikanische Länder und ihre Bürger "oft von opportunistischen Datenschürfern ausgenommen werden". Er forderte daher: "Die Datensouveränität muss bei den einzelnen Staaten liegen." Ein Zugang zu der Schlüsselressource der digitalen Welt dürfe nur "mit Respekt und Verantwortung" erfolgen.

"Wir haben Bedenken, wer unsere Daten verwendet", stellte Sillah klar. "Informationen, die über unsere Bürger gesammelt werden, müssen von den zuständigen staatlichen Behörden verwaltet werden." Generell seien die "Sicherheit und Integrität" von Daten entscheidend. Zugleich erinnerte der Regierungsvertreter an Prognosen, wonach Afrika in den nächsten 30 Jahren mehr Internetnutzer haben werde als die USA und Europa zusammen.

Jeder Bürger müsse Eigentümer seiner Daten sein, erklärte Liu Zhenmin, Vize-Generalsekretär der Vereinten Nationen. Angesprochen auf eine wachsende Kluft bei der Nutzung und dem Schutz von Daten zwischen China, USA und Europa entgegnete der Chinese, dass er hier eher eine "zwischen dem Norden und dem Süden" gebe. Generell gebe es keinen "universellen Zugang" zu den wachsenden Informationsbergen der Welt. Vertrauen und Akzeptant seien hier aber die großen Herausforderungen. An Internetfirmen appellierte der Diplomat, weniger auf die Masse der gesammelten Daten zu setzen als vielmehr deren Qualität zu steigern.

Vint Cerf (Google), Liu Zhenmin (UN) und Nadia Calvino (Spanien) (v.l.n.r.)

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Als Basis für einen freien Datenfluss brachte die japanische Vize-Kommunikationsministerin Makiko Yamada das Modell ihres Landes "für eine persönliche Vertrauensdatenbank" ins Spiel. Es falle den Leuten oft schwer, über eine mögliche Inanspruchnahme ihrer persönlichen Informationen zu entscheiden, erläuterte sie den Ansatz. "Vertrauenswürdige Dritte" könnten hier helfen, die Kontrolle zu gewährleisten.

Die spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calvino machte einen Konsens aus, dass Selbstregulierung auf diesem Feld nicht ausreiche und globale Vorschriften nötig seien. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sei bereits auf dem Weg dazu, diesen Anspruch zu erfüllen.

"Die Nutzer vertrauen uns sehr große Mengen an Daten an: E-Mails, Dokumente, Suchanfragen, Karten", konstatierte Googles Internetbotschafter Vint Cerf. Um diese Informationen auch beim Transfer zu schützen, "brauchen wir Verfahren wie Verschlüsselung". "Nicht alle Daten sollten jemand gehören", machte der Vater des Internets auch klar. Öffentliche Informationen im Sinne von Open Data seien ebenfalls sehr wichtig.

"Wir arbeiten fast nur mit aggregierten Daten", betonte Martin Villig, Gründer der E-Scooter- und Transportfirma Bolt. Personenbezogene seien "nur für die Betrugs- und Kriminalitätsbekämpfung" nötig. Zugleich habe das Unternehmen rund 300 Modelle für Künstliche Intelligenz (KI) im produktiven Einsatz, um vor allem eine gute "Preisbalance" zu finden. Dass auch Städte an die Mobilitätsdaten der Plattformen wollen, beäugte er skeptisch: "Sie verlangen oft zu viel." Ulrik Vestergaard Knudsen von der OECD empfahl als Lösung ein Projekt der Organisation zum Datenteilen.

Unternehmen und Staaten hätten schon zu viel Schindluder mit persönlichen Daten getrieben, befürchtete dagegen die frühere Lufthansa-Managerin Simone Menne. Derzeit bauten Firmen durch "Gratis-Dienste" auf einen Kuhhandel, um die Nutzer auszuspähen. "Wir brauchen einen Code of Conduct mit Verantwortlichkeiten für alle Akteure", betonte die BMW-Aufsichtsrätin. Datenmissbrauch müsse erkennbar als Straftat gehandhabt und entsprechend geahndet werden. (jk)