Amazon: Daten von Marketplace-Händlern für eigene Produktentwicklung genutzt

Hat Amazon Daten seiner Marketplace-Händler dafür genutzt, Konkurrenzprodukte unter eigenem Label zu entwickeln? Eine interne Untersuchung soll das klären.

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Amazon: Daten von Marketplace-Händlern für eigene Produktentwicklung genutzt

(Bild: Ioan Panaite/Shutterstock.com)

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Der Online-Händler Amazon soll Verkaufsdaten einzelner Produkte von Marketplace-Händlern dazu verwendet haben, um lukrative Konkurrenzprodukte unter eigenem Label zu entwickeln. Wie das Wall Street Journal berichtet, sei diese von Amazon untersagte Praxis von Amazon-Führungskräften angewandt worden. Mehr als 20 ehemalige Mitarbeiter, die im Bereich Handelsmarken tätig waren sowie ein aktuell bei Amazon beschäftigter Mitarbeiter und verschiedene Dokumente hätten dies bestätigt. Amazon kündigte eine Untersuchung an.

Nach Informationen des Wall Street Journal wurden von einzelnen Mitarbeitern Daten von Marketplace-Händlern zu spezifischen Produkten wie Verkaufszahlen, Aufwand für Marketing und Versand und wie viel Amazon am Verkauf mitverdiente analysiert, um damit ein eigenes Produkt unter eigenem Label zu entwickeln und zu verkaufen. Der Bericht führt als ein Beispiel einen Kfz-Kofferraum-Organizer an. Demnach wurden die produktspezifischen Verkaufsdaten des entsprechenden Händlers dazu genutzt, um dem Organizer ein eigenes Amazon-Produkt entgegenzustellen.

In einer Stellungnahme räumte Amazon ein, wie andere Einzelhändler auch "Verkaufs- und Shop-Daten zu verwenden, um den Kunden ein möglichst bestes Erlebnis anzubieten". Allerdings sei es den eigenen Mitarbeitern untersagt, nicht-öffentliche, händlerspezifische Daten zu verwenden, um daraus eigene Produkte zu entwickeln. Amazon kündigte an, den Vorwürfen mit einer Untersuchung nachzugehen, da das Vorgehen gegen interne Richtlinien verstoße.

So wie es sich derzeit aus den Aussagen der Informanten und Informationen aus Dokumenten darstellt, haben Führungskräfte gezielt nach diesen Daten gesucht und sie verwendet. In Fällen, in denen die Daten geschützt und nicht zugänglich waren, sollen die Führungskräfte dem Bericht des Wall Street Journal nach Business-Reports angefordert haben, die die gewünschten Informationen dann enthalten hätten. Auch aggregierte Daten von Marketplace-Händlern seien dazu verwendet worden, heißt es. Ein ehemaliger Mitarbeiter gab an, gewusst zu haben, gegen die internen Regeln zu verstoßen, "aber zu diesem Zeitpunkt erstellten wir Amazon-Produkte und wir wollten sie verkaufen".

In Europa hatten EU-Wettbewerbshüter bereits im Juli 2019 ein Verfahren wegen des Verdachts auf illegale Geschäftspraktiken Amazons im Umgang mit Händlern auf der eigenen Plattform eingeleitet. Die EU sieht einen Widerspruch darin, dass Amazon zugleich Händler als auch Anbieter einer Händler-Plattform ist. Dadurch könnte das Unternehmen die gesammelten Daten anderer Händler dazu verwenden, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Auch in den USA geriet Amazon deswegen in das Blickfeld der Wettbewerbshüter. Im Zuge einer gemeinsamen Untersuchung des US-Justizministeriums, der US-Handelsaufsicht und des Kongresses hatte Amazon 2019 angegeben, dass eigene Mitarbeiter im Bereich Handelsmarken nur eingeschränkten Zugriff auf Daten von Händlern des eigenen Marktplatzes hätten.

(olb)