Amazon plant eigenen Zustelldienst in den USA

Nachdem Amazon den Warenhandel umgekrempelt hat, will der Online-Riese nun offenbar mit einem eigenen Lieferservice den Zustellmarkt aufmischen. An der Börse geht bereits das große Zittern los.

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amazon Paketdienst

(Bild: dpa, Christoph Schmidt)

Lesezeit: 4 Min.
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  • dpa

Der Internet-Handelsriese Amazon will den US-Paketdiensten UPS und Fedex laut einem Pressebericht bald mit einem eigenen Lieferservice Konkurrenz machen. Unter dem Namen "Shipping with Amazon" (SWA) wolle der Handelsriese selbst Pakete von anderen Unternehmen abholen und an deren Kunden ausliefern, schrieb das Wall Street Journal am Freitag unter Berufung auf eingeweihte Quellen. Amazon wollte die Pläne zunächst nicht bestätigen. Der Konzern von Jeff Bezos investiert aber schon kräftig in seine Lieferlogistik und betreibt in den USA bereits eine Lieferwagen- und Flugzeug-Flotte, auch ein eigener Frachtflughafen ist im Bau.

Dem Bericht nach soll der SWA-Dienst in den kommenden Wochen in Los Angeles starten. Amazon wolle den Service noch in diesem Jahr auf weitere Städte ausweiten. Die auf der eigenen Shopping-Plattform vertretenen Händler sollen demnach die ersten Auftraggeber sein, danach werde sich SWA möglicherweise auch für andere Unternehmen öffnen. Damit würden sich für UPS und Fedex die Befürchtungen eines direkten Angriffs auf ihr Kerngeschäft bestätigen. Den zitierten Quellen zufolge will Amazon die Zustelldienste auch noch beim Preis unterbieten. Die genauen Tarife stünden aber noch nicht fest.

Die UPS-Aktie schickte der Bericht vorbörslich mit über sechs Prozent ins Minus, Fedex-Papiere fielen um gut vier Prozent. Nachdem Amazon es geschafft hat, innerhalb von 20 Jahren vom Online-Buchhändler zum weltgrößten Internet-Kaufhaus aufzusteigen, trauten Anleger Bezos einiges zu. Der Konzernchef hatte bereits vor einem Jahr angekündigt, die USA mit Service- und Logistikzentren zu überziehen. Kampfansagen an UPS und Fedex wurden bislang aber stets vermieden. Die Konzerne stehen in einem angespannten Abhängigkeitsverhältnis – man braucht sich gegenseitig, doch gerade im Weihnachtsgeschäft gibt es auch in Deutschland immer wieder Stress, weil die Paketflut von Amazon die Dienste überfordert. In Deutschland gibt es bereits Überlegungen die Paketzustellung bis an die Haustür mit einer Zusatzgebühr zu versehen.

Amazon liefert bereits in 37 Städten der USA Waren aus den eigenen Lagern selbst an die Kunden aus. Auch in Deutschland sind bereits Paketboten, etwa für den Service Amazon Fresh, für den Konzern von Haus zu Haus unterwegs. Bei dem neuen Service, der bereits in London gestartet und in Los Angeles getestet wurde, greift Amazon allerdings auch Pakete aus den Lagern von Dritthändlern ab, die bisher auf etablierte Paketdienste setzten. Auch wenn sich der Konzern zum Thema SWA noch relativ bedeckt hält, sagte eine Sprecherin immerhin: "Wir führen immer Neuerungen ein und testen Dinge für unsere Kunden und die Unternehmen, die bei Amazon verkaufen, um schneller günstigere Versandoptionen zu schaffen."

Die Post investiert in den Streetscooter Work. Er hat eine Spitzenleistung von 48 kW und eine Reichweite von 80 km.

Es bleibt allerdings offen, inwieweit Amazon wirklich im großen Stil Pakete für andere Unternehmen zustellen kann. Ähnlich wie Deutsche Post DHL hierzulande, haben UPS und Fedex in den USA über Jahrzehnte hinweg riesige Netzwerke für die Paketzustellung aufgebaut. Die Eroberung des Marktes wäre ein finanzieller Kraftakt. Amazon-Chef Bezos hat aber oft genug gezeigt, dass ihn hohe Investitionen nicht schrecken. Die Konkurrenz rüstet sich bereits: UPS will allein in diesem Jahr bis zu sieben Milliarden Dollar in sein Liefernetzwerk stecken. Ein UPS-Sprecher sagte, man werde Amazon und andere Kunden weiterhin unterstützen. Die neuesten Pläne des Internet-Handelskonzerns wollte er hingegen nicht kommentieren.

Auch die Deutsche Post ist Nutznießer des boomenden Online-Handels. Im zweiten Quartal stieg das Konzernergebnis im Vergleich zum Vorjahr unterm Strich um 11 Prozent auf 602 Millionen Euro. 2,3 Milliarden Euro wollte die Post im vergangenen Jahr insgesamt investieren, zum Beispiel in seine Elektroautoflotte Streetscooter. 2016 hatte das Unternehmen insgesamt 2,1 Milliarden Euro investiert. (pen)