Australien: Massive Kritik an anstehender Volkszählung
Australien hat Erfahrung mit Volkszählungen, aber die Routine hilft diesmal nicht viel: Weil die zuständige Behörde erstmals die Namen aller Teilnehmer deutlich länger speichern und gegen andere Datenbanken abgleichen will, hagelt es Kritik.
Eine Woche vor der geplanten Volkszählung in Australien versucht das Australian Bureau of Statistics die anhaltenden Datenschutzbedenken zu zerstreuen, berichtet der Sydney Morning Herald. Denn erstmals will die Behörde die Namen und Adressen aller rund 24 Millionen Einwohner für vier Jahre speichern und mit anderen Datenbanken verknüpfen. Bereits seit Monaten warnen Bürgerrechtler davor, dass dieser Eingriff in die Privatsphäre das bislang große Vertrauen der Bürger in die Statistikbehörde erschüttern könnte. Das Resultat könnten massenhaft falsche Angaben oder sogar Boykotte sein.
Kontrolle der eigenen Daten
In einem Brief an den Premierminister Malcolm Turnbull kritisiert etwa die Australian Privacy Foundation scharf, dass die im Rahmen der Volkszählung gesammelten Namen länger gespeichert werden sollen, um eine "fruchtbarere und dynamische" statistische Analyse zu ermöglichen. Man sei vorher nicht konsultiert worden und die Auswirkungen auf den Datenschutz seien nur intern und nicht unabhängig geprüft worden. Der Datenschutz beziehe sich nicht nur auf Geheimhaltung sondern auch auf die Kontrolle der eigenen Informationen. Deshalb fordern die Bürgerrechtler, die Namensnennung noch für freiwillig zu erklären, Pseudonyme zu erlauben und die Nichtnennung eines Namens nicht zu verfolgen.
Die Behörde verteidigt die Entscheidung, die Namen länger speichern und gegen andere Datenbanken abgleichen zu wollen. In einem Beitrag im Sydney Morning Herald hatte der Behördenchef David Kalisch an die mehr als hundertjährige Geschichte der australischen Volkszählungen erinnert und darauf verwiesen, wie wichtig die gesammelten Daten für die nationale Entwicklung seien. Bei The Conversation hatten auch zwei Forscher die geänderte Praxis verteidigt und erklärt, die Vorteile würden die Bedenken bezüglich der Privatsphäre aufwiegen. So könnte beispielsweise ergründet werden, wer mit höherer Wahrscheinlichkeit längerfristig auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werde.
Probleme mit gedruckten Fragebögen
Der Zensus wird am kommenden Dienstag stattfinden und wahrscheinlich von der Mehrheit der Australier online erledigt, fasst die Statistikbehörde zusammen. Die Teilnahme ist verpflichtend und wer den Fragebogen nicht online ausfüllen möchte, soll einen ausgedruckten Bogen bestellen. Vor allem ältere Menschen wählen wohl diesen Weg und offenbar auch mehr, als die Systeme handhaben können. So sind die dafür geschalteten mehr als 300 Telefonnummern offenbar dauernd besetzt. Wer an der Volkszählung nicht teilnimmt, kann mit einer Strafe von 180 Australischen Dollar (rund 120 Euro) pro versäumten Tag belegt werden – bis zu einem Maximum von 1800 Australischen Dollar. (mho)