Blackberry-Spyware: Reporter ohne Grenzen verlangen Aufklärung

Im Skandal um ein angeblich leistungsförderndes Software-Update für Blackberries, das jedoch ein Spionageprogramm enthielt, verlangt die Bürgerrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" eine Stellungnahme des arabischen Mobilfunk-Providers Etisalat.

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Von
  • Torsten Kleinz

Im Spyware-Skandal um den arabischen Mobilfunk-Provider Etisalat verlangt die Bürgerrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" (RSF) Aufklärung. In einem heute veröffentlichten Brief ruft die Organisation das Unternehmen zudem dazu auf, die Blockade einer israelischen Tageszeitung aufzuheben.

Die Bürgerrechtsorganisation nimmt dabei Bezug auf Berichte, denen zufolge der im Besitz der Vereinigten Arabischen Emirate befindliche Mobilfunkprovider rund 145.000 Blackberry-Kunden Anfang Juli per SMS ein Softwareupdate angeboten hatte, das ein Spionageprogramm enthielt. "Wir fordern Sie dringend dazu auf, eine öffentliche Erklärung zu den Spyware-Vorwürfen abzugeben und den Respekt vor der Privatsphäre zu garantieren", schreibt RSF-Generalsekretär Jean-François Julliard. "Diese Vorwürfe könnten zu einem ernsthaften Image-Schaden für ihr Unternehmen werden", heißt es in dem Brief, der Etisalat bereits in der vergangenen Woche zugestellt worden war.

Blackberry-Hersteller RIM hatte in einem öffentlichen Statement zuvor erklärt, dass es sich bei der Software offenbar um ein Spionageprogramm der US-Firma S88 handelt, die sich auf Produkte zur "Lawful Interception", also Abhörvorrichtungen für Strafverfolger und Geheimdienste spezialisiert hat. Auf seinen Webseiten bietet RIM inzwischen ein eigenes Deinstallationsprogramm an, das die Schnüffelsoftware wieder entfernt.

Entdeckt wurde die Spionage-Software, weil die Akkus zahlreicher Blackberries bereits eine Stunde nach der Update-Installation leer liefen. Dies veranlasste mehrere Nutzer, sich das Update einmal genauer anzusehen. Mehrere Analysen des im Klartext vorliegenden Java-Programms offenbarten, dass die Software Nachrichten abfangen und an einen zentralen Server weiterleiten sollte. Ohne eine solche Software kann auch der Mobilfunkprovider die Nachrichten seiner eigenen Blackberry-Kunden nicht mitlesen, da der Datenstrom verschlüsselt über Firmen-Server oder die RIM-Gateways in Amerika und Großbritannien geleitet wird.

Etisalat hat sich anscheinend dazu entschlossen, den Skandal auszusitzen und die Vorwürfe pauschal abzustreiten. Offenbar mit einigem Erfolg: So hatte zum Beispiel die in den Emiraten ansässige Wirtschaftszeitung Arabian Business zunächst empört Antworten verlangt. Im anschließenden Exklusiv-Interview beharrte Etisalat-Manager Abdulla Hashim aber schlichtweg darauf, dass das Java-Programm den Empfang der Blackberry-Geräte verbessern sollte. Dass RIM und andere Sicherheitsexperten die Spionage-Software längst öffentlich identifiziert hatten, kam in dem Bericht da schon nicht mehr vor.

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Spionage-Software von SS8 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten ist. So hatte auch die indische Regierung nach Möglichkeiten gesucht, die Geräte des kanadischen Herstellers im Inland abzuhören. Nach Berichten der Economic Times war dabei auch der Einsatz der Software von SS8 erprobt worden – diese Lösung sei aber wegen der Fehleranfälligkeit des Programms von den indischen Behörden abgelehnt worden.

Doch nicht nur Spionage-Versuche stoßen bei den "Reportern Ohne Grenzen" auf Kritik. Sie beklagen auch weitere Einschränkungen der Etisalat-Kunden: "Wir würden Sie gerne darauf aufmerksam machen, dass die Tageszeitung Yediot Aharonot schon seit mehreren Wochen blockiert wird", schreibt Julliard. Bisher seien die Vereinigten Arabischen Emirate bei der Organisation auf der Liste der Länder unter Überwachung aufgeführt. "Es wäre sehr bedauerlich, wenn die Emirate zum Feind des Internets erklärt werden müssten", schließt Julliard. (Torsten Kleinz) / (pmz)