Britischer Hacker muss Passwörter nicht den Behörden übergeben
Ein britisches Gericht will den Ermittlungsbehörden nicht dabei helfen, an die Passwörter zu verschlüsselten Datenträgern des Hacktivisten Lauri Love zu gelangen.
- Detlef Borchers
- Volker Briegleb
Der britische Aktivist Lauri Love muss die Passwörter zu seinen verschlüsselten Festplatten nicht den Ermittlungsbehörden übergeben. Ein Gericht in London hat am Dienstag eine Klage der National Crime Agency zurückgewiesen, die den Hacker zur Übergabe seiner Passwörter zwingen lassen wollte. In dem Zivilverfahren geht es um die Rückgabe einiger Computer und Datenträger des Hackers, welche die Polizei zuvor beschlagnahmt hatte.
Auslieferungsersuchen der USA
Hintergrund sind zwei Auslieferungsanträge der USA, die demnächst zur Verhandlung anstehen. Die US-Behörden werfen Love vor, an der Anonymous-Operation Last Resort beteiligt gewesen zu sein, mit der Anonymous den Tod von Aaron Swartz rächen wollte. Im Zuge der US-Ermittlungen hatten die britischen Behörden Computer und Festplatten bei Love beschlagnahmt und bereits einmal vergeblich versucht, an die Passwörter zu kommen.
In Großbritannien wurde jedoch keine Anklage gegen den Hacker erhoben. Love hatte daraufhin die NCA verklagt, die beschlagnahmten Geräte zurückzugeben. Die Behörde, die in etwa dem deutschen Bundeskriminalamt entspricht, versuchte dieses Verfahren zu nutzen, um doch noch an die Passwörter der verschlüsselten Datenträger zu kommen. Nur so könne geklärt werden, ob die fraglichen Geräte – darunter zwei Laptops, eine Festplatte und eine SD-Karte – tatsächlich Love gehörten.
"Nicht überzeugend"
"Mich hat dieses Argument nicht überzeugt", erklärte Richterin Nina Tempia. Die Kompetenzen der Kammer dürften nicht missbraucht werden, um die einschlägige Gesetzgebung zu umgehen. Nach dem britischen Anti-Terror-Gesetz (Regulation of Investigatory Powers Act, RIPA) können die Behörden Verdächtige nur zur Herausgabe von Passwörtern zwingen, wenn konkrete Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund vorliegen.
Er sei "glücklich" über die Entscheidung, sagte Love dem Londoner Telegraph. "Ich würde sagen, es ist ein Sieg, und die Vermeidung eines Desasters. Ich denke, diese Verschlüsselungssache ist damit erledigt." Auch seine Anwälte zeigten sich zufrieden. "Mit der Ablehnung des NCA-Antrags hat das Gericht klargestellt, dass Behörden nicht versuchen dürfen, die vom Parlament eingesetzten Schutzvorkehrungen zu umgehen", sagte Ben Cooper.
Präzedenzfall "UFO-Hacker"
Die Entscheidung vom Dienstag ist unabhängig von den Verfahren, in dem über die Auslieferung von Love an die USA verhandelt werden soll. Der mit dem Asperger-Syndrom lebende Lauri Love, der zudem depressiv sein soll, kann auf den Präzedenzfall Gary McKinnon verweisen. Im Fall des "UFO-Hackers" hatte die britische Regierung die Auslieferung McKinnons an die USA unter Verweis auf ein hohes Selbstmordrisiko abgelehnt. (vbr)