Computer-Go: Deep Zen spielt 1:2 gegen Go-Legende Cho Chikun

Hätte es im Frühjahr kein AlphaGo gegeben, wäre es eine Sensation, so ist es nur ein beachtlicher Erfolg: Ein einzelner Computer hat einen menschlichen Top-Profi im asiatischen Strategiespiel Go geschlagen – wenn auch nur in einer von drei Partien.

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Computer-Go: Deep Zen spielt 1:2 gegen Go-Legende Cho Chikun
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Harald Bögeholz

Das Strategiespiel Go ist in Asien sehr beliebt: In China, Japan und Korea gibt es Profi-Spieler, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Für Computer ist das Spiel extrem schwer. Die Google-Tochter DeepMind hat im Frühjahr weltweites Aufsehen erregt, als ihr Go-Programm AlphaGo den Spitzenspieler Lee Sedol (9p) 4:1 besiegt hat. Jetzt ist es mit einem einzelnen Computer aus handelsüblicher Hardware gelungen, gegen einen Top-Profi zu bestehen – wenn auch der Profi Cho Chikun (9p) zwei von drei Partien für sich entscheiden konnte.

AlphaGo lief damals auf einem Cluster in der Google-Cloud, von dem man nicht so recht wusste, aus wie vielen Rechnern es wirklich bestand. Wie später bekannt wurde, waren auch keine gewöhnlichen GPUs im Einsatz für die massiv parallelen Berechnungen mit neuronalen Netzen, sondern von Google eigens entwickelte Tensor Processing Units (TPUs) halfen beim Sieg.

Um AlphaGo ist es seitdem ruhig geworden, aber die Computer-Go-Szene hat die Forschungsergebnisse des AlphaGo-Teams, die in einem wissenschaftlichen Artikel in Nature veröffentlicht wurden, gierig aufgegriffen. So ziemlich jeder Go-Programmierer, der was auf sich hielt, hat nach dem Google-Vorbild neuronale Netze in seine Software integriert, und viele Go-Programme haben dadurch einen großen Schritt nach vorn getan. So berichtet etwa Rémi Coulom, dass seine Anfang Oktober veröffentlichte Android-App Crazy Stone Deep Learning auf dem Go-Server KGS eine Spielstärke von 6d erreicht hat – ein Handy spielt fast auf dem Niveau des deutschen (Amateur-)Meisters im Go.

Und natürlich ist es das höchste Ziel eines jeden Go-Programmierers, seine Entwicklung gegen einen Spitzen-Profi antreten zu lassen. Die sind nicht leicht zu kriegen: Für die Partie gegen Lee Sedol (heute auf Platz 8 der weltweiten Ranking-Liste – hinter AlphaGo auf Platz 2) hatte Google eine Million US-Dollar Preisgeld locker gemacht.

Jetzt gab es endlich wieder einen spannenden Schaukampf Go-Profi gegen Maschine: Der Japaner Cho Chikun (9p) ist gegen ein Programm namens Deep Zen angetreten. Deep Zen lief dabei auf einem Computer, den man noch wegtragen kann: 2 × Intel Xeon E5-2699v4 (44 Kerne + Hyper-Threading, 2,2 GHz), 4 × Nvidia Titan X, 128 GByte RAM.

Der 1956 in Korea geborene Cho Chikun steht heute auf der Weltrangliste auf Platz 164, aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ein absoluter Spitzenspieler ist. Er hat in seiner Karriere in Japan 73 Titel errungen, die meisten in der Geschichte der japanischen Profi-Organisation Nihon Ki-in. Seine stärkste Zeit hatte Cho Chikun etwa 1981, seitdem sind – wie das im Go nicht ungewöhnlich ist – jüngere Spieler an ihm vorbeigezogen.

Drei Partien wurden gespielt nach japanischen Regeln gleichauf mit 6,5 Punkten Komi. Die erste Partie am Samstag, den 19. November konnte Cho Chikun als Schwarz für sich entscheiden, aber die zweite am Sonntag musste er als Weiß aufgeben, nachdem ihm in der Mitte des Brettes eine Gruppe verstarb. Heute gewann Cho Chikun mit Schwarz die dritte Partie.

Wäre AlphaGo nicht gewesen, hätte man schon den einen Sieg des Computers gegen die Go-Legende als historisches Ereignis gefeiert. So ist es immer noch ein beachtlicher Erfolg, der die stetige Weiterentwicklung des Computer-Go untermauert.

Hintergründe und Fachbegriffe zu (Computer-)Go auf c't online:

  • Mysteriöse Tiefe – Wie Google-KI den Menschen im Go schlagen will

Videos von den drei Partien mit (englischsprachigem) Live-Kommentar des Profi-Spielers Myungwan Kim (9p):

(bo)