ConHIT 2011: Dr. med App auf Visite

Die Kongressmesse fürs Gesundheitswesen ConHIT ist auch im vierten Jahr ihres Bestehens weiter gewachsen. Präsentiert wurde dort unter anderem Software für Smartphones und das iPad.

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Von
  • Detlef Borchers

Die am heutigen Donnerstag endende Kongressmesse fürs Gesundheitswesen ConHIT ist auch im vierten Jahr ihres Bestehens weiter gewachsen. 240 Hersteller zeigten sich auf dem Berliner Messegelände. Auf großes Interesse stieß Software für Smartphones und das iPad, die dem Arzt bei der Visite helfen sollen.

Ein iPad, das für die ärztliche Visite am "Point of Care", also am Krankenbett die Daten aus einem Krankenhaus-Informationssystem (KIS) bereitstellt, hatte die Deutsche Telekom schon auf der CeBIT präsentiert, doch der Trend zum mobilen Handschmeichler nimmt jetzt erst Fahrt auf. So zeigte Siemens Healthcare die Arbeit mit dem KIS SoarianClinicals und mit Soarian Integrated Care auf iPad und auf Android-Smartphones. Auch der IT-Dienstleister Tieto demonstrierte eine iPad-App für die Zusammenarbeit mit dem KIS iMedOne, die ähnlich wie die bereits vertriebene iM1-Mobile-App für das iPhone.

Der KIS-Hersteller Meierhofer präsentierte mit dem Spotcheck-Monitor eine mobile Anwendung auf Basis von Capsule Neuron. Die App Premed2go des Kölner Unternehmens Lowteq unterstützt den Anästhesisten während seiner Prämedikationsvisite und soll den EU-Richtlinien für präoperative Risikoerfassung entsprechen. Auf Basis von Sybase Unwired zeigte SAP, wie die Gesundheitswirtschaft mobil arbeiten kann.

Ganz so weit wie in den USA geht der Einsatz von iPad & Co. in Deutschland freilich nicht: Dort hat die Food and Drug Administration als zuständige Zulassungsbehörde den Einsatz von iPads für die radiologische Befundung genehmigt. Diese Aufgeschlossenheit für neue Produkte wünschen sich die IT-Firmen auch für den deutschen Gesundheitsmarkt, für den sie ihre Lobbyarbeit bündeln: Zur ConHIT schlossen sich der "Verband der Hersteller von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen" (VHitG) mit dem "Verband Deutscher Arztinformationssystemhersteller und Provider" (VDAP) und dem "Verband Deutscher Dental-Software Unternehmen" (VDDS) zum "Bundesverband Gesundheits-IT" (bvitg) zusammen.

Der neue Verband vertritt nach eigenen Angaben 90 Prozent der IT-Hersteller, die Krankenhäuser, Arzt- und Zahnarztpraxen beliefern. Für den bvitg führte Vorstandsvorsitzender Andreas Lange zu Beginn der ConHIT schweres Geschütz auf: Er beklagte sich über den angeblich überbordenden Datenschutz in Deutschland. "Patientensicherheit geht vor Datenschutz. Die Vorenthaltung von Daten darf nicht zur Fehlbehandlung führen." Der Datenschutz dürfe bei der Einführung von IT-Produkten nicht weiter als Hindernis gelten, mahnte Lange.

Gesundheitspolitisch stand die diesjährige ConHIT klar im Schatten der Neuausrichtung der FDP. Ursprünglich sollte die Kongressmesse am Dienstag von Gesundheitsminister Philipp Rösler eröffnet werden, doch der ließ sich durch seinen engsten Mitarbeiter, Staatssekretär Stefan Kapferer, vertreten. Deutlich war die Erleichterung der Aussteller zu spüren, als im Laufe des ersten Messetages bekannt wurde, dass Rösler nicht ins Wirtschaftsministerium wechselt. Röslers Nachfolger wäre möglicherweise FDP-Gesundheitspolitiker Daniel Bahr geworden, der sich als Kritiker der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) profiliert hat. So aber blieb es Kapferer vorbehalten, die Förderung und Durchsetzung der eGK mit weiteren staatlichen Mitteln anzukündigen.

Die Ausgabe der neuen Karte, die Subventionierung der Terminals und die nun beginnende Arbeit an den Pflichtenheften seien erst der Anfang, so Kapferer. Der Gesetzgeber habe auf der Dauerbaustelle des deutschen Gesundheitswesens eine Basis geschaffen, auf der die IT-Umgestaltung greifen könne. "Der Gesetzgeber ist sich nicht zu schade, diesen Prozess engmaschig zu begleiten. Wir sind bereit, Leistungserbringer und -träger ein weiteres Mal zu zwingen, wenn dieser Prozess am Ende des Jahres stockt." Kapferer betonte, dass in Deutschland viele telemedizinische Modellprojekte existierten, die mit einem neuen Versorgungsrecht Bestandteil der Regelversorgung werden müssten. (anw)