Control im Test: Amtliches Geballer

Remedy entführt die Spieler im Third-Person-Shooter Control auf eine wirre, aber actionreiche Odyssee durch einen bürokratischen Irrgarten.

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Control im Test: Amtliches Geballer

(Bild: Remedy)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Max Payne, Alan Wake und zuletzt Quantum Break – das finnische Entwicklerstudio Remedy ist bekannt für spannende Storys. Nur das eigentliche Spiel konnte da bisher kaum mithalten. In "Control" drehen sie den Spieß um: Während die Action unterhält, hinterlässt die verwirrende Geschichte um ein Geschwisterpaar und eine merkwürdige Behörde mehr Fragen als Antworten.

Fahrstuhl hoch, dann rechts, links, Gegner abballern, Codekarte benutzen und so weiter – sieht man mal von den Actionszenen ab, könnte Heldin Jesse wie Gallier Asterix in einem bürokratischen Labyrinth auf der Suche nach dem ominösen Passierschein A38 sein. Die Entwickler inszenieren einen wilden Mix aus paranoiden Verschwörungsängsten, Science-Fiction-Zitaten und einer Superheldenstory zu einem verschlungenen Actionspektakel, bei dem die Spieler nie so genau wissen dürften, wo und wann sie sind oder warum sie den ganzen Ärger scheinbar magisch anziehen.

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Nur so viel: Die junge Jesse Faden landet auf der Suche nach ihrem Bruder Dylan im Federal Bureau of Control, das sich ähnlich wie Harry Potters Orden des Phönix am Grimmauldplatz 12 vor den Augen der Unwissenden verbirgt. Kaum angekommen trifft Jesse auf Killer aus einer anderen Dimension und muss den örtlichen Beamten helfen, ein schiefgelaufenes Experiment einzudämmen. Dabei helfen Jesse so nützliche Dinge wie ein Diaprojektor, die ihr Superkräfte verleihen und eine sogenannte Amtswaffe, die sie beliebig von einer Schrotflinte zum Maschinengewehr umbauen kann.

Verwirrt? Das sollte nicht verwundern. Remedy und Autor Sam Lake, der schon für Max Payne oder Alan Wake verantwortlich war, werfen den Spielern ein rätselhaftes Szenario, kryptische Dialoge und merkwürdige Nebenfiguren, wie einen allwissenden Hausmeister vor die Füße. Das wirkt wie ein Kessel Buntes aus Versatzstücken von Franz Kafka, David Lynch und Michael Bay. Manchmal fragt man sich, ob es die Macher wirklich ernst meinen, oder ob sich hier unfreiwillige Komik und ein selbstreflexierendes Meta-Videospiel die Hand geben.

Dabei versteckt sich hinter all den Mysterien der Story ein konventioneller Shooter aus der Schulterperspektive mit Rollenspielelementen. Jesse übernimmt Aufträge, in denen sie meist zahlreiche Gegner in einer Art Kill-Room erledigen muss, um weiterzukommen. Von Zeit zu Zeit bekommt sie eine Codekarte, die neue Wege öffnet und der Levelstruktur einen cleveren Metroid-Touch verleiht. Obwohl sich die gesamte Handlung nur in einem Gebäude abspielt, ähnelt die Suche nach Orten und Gegenständen einer verwirrenden Odyssee, die schnell frustrieren kann. Dazwischen löst Jesse ein paar Rätsel, indem sie ein paar Symbole anordnet oder Schalter in der richtigen Reihenfolge drückt.

Control (8 Bilder)

Viel Spektakel, viel Bumm Bumm. Remedy beweist, wie man packende Action inszeniert.
(Bild: Screenshot Andreas Müller)

Neben der flexiblen Multi-Knarre helfen Jesse ihre Superkräfte, die sie aus scheinbar alltäglichen Gebrauchsgegenständen zieht. Mit einem Psy-Schlag stößt sie die Gegner von sich, mit Telekinese wirbelt sie Gegenstände auf ihre Gegner und schließlich lernt sie sogar ein wenig das Fliegen. Ähnlich wie in Rage 2 peppt die Kombination dieser unterschiedlichen Fähigkeiten die teilweise zermürbenden Kämpfe auf. Nach erfolgreichen Aufträgen gibt es Skillpunkte, die Jesse in ihre Fähigkeiten investiert, oder sie bekommt Geld und Rohstoffe, um ihre Amtswaffe aufzuwerten. Am Ende dieser knapp 10-stündigen Actionodyssee bleibt aber Ratlosigkeit zurück, weil man nicht so genau weiß, was in dieser merkwürdigen Behörde eigentlich passiert ist.

Ist das Kunst oder kann das weg? Die Story-Akrobaten von Remedy inszenieren ein verschwurbeltes Actionspektakel, das mit einer cleveren Levelstruktur und packenden Kämpfen glänzt, aber sich in den verwinkelten Gängen des Spielorts zu verirren scheint. Control widersetzt sich damit gängigen Videospielklischees, die immer alles erklären wollen und dürfte unter Actionfans für einigen Gesprächsstoff sorgen. Gibt es Querverweise zu früheren Remedy-Spielen? Was verbirgt sich hinter den rätselhaften Dialogen? Steckt das Spiel voller geheimnisvoller Easter Eggs? Oder ist der Titel nur ein Hinweis auf ein Meta-Thema, in dem wir Spieler unsere Art und Weise, wie wir spielen, reflektieren sollen? Wer weiß. Remedys Control ist verwirrend und packend, aber vor allem eines: anders.

Control erscheint am 27. August für PS4 (ab 17,89 €), für Xbox One (ab 10,39 €) und Windows. Es kostet ca. 50 – 60 €. USK ab 16. Für unseren Artikel haben wir die Windows-Version durchgespielt. (mho)