Datenschützer gegen zentrales Bundesmelderegister

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix lehnt Pläne für ein Bundesmeldegesetz als "Rückfall in die Zeit des zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR" mit entsprechenden Begehrlichkeiten etwa bei der Polizei ab.

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Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix hat Pläne für ein Bundesmeldegesetz und ein damit möglicherweise verknüpftes einheitliches Melderegister für alle Bundesbürger als "Rückfall in die Zeit des zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR mit seinen Personenkennzeichen" zurückgewiesen. Diese Vergangenheit sei bei der deutschen Einigung als unvereinbar mit dem Grundgesetz angesehen und deshalb abgeschafft worden, gibt Dix zu bedenken. Die dezentrale Verarbeitung von Meldedaten hat sich seiner Ansicht nach im vereinten Deutschland bewährt. Eine zentrale Datenhaltung dürfte dagegen Begehrlichkeiten nicht nur bei den Sicherheitsbehörden, sondern auch bei anderen öffentlichen Stellen und Unternehmen wecken. Der Polizei und den Geheimdiensten etwa würde bei zukünftigen bundesweiten Rasterfahndungen der Zugriff auf einen "riesigen Datenbestand" eröffnet.

Der Bund hat mit der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz für das Melderecht erhalten. Laut Dix laufen derzeit in Berlin Vorbereitungen für den Erlass eines Bundesmeldegesetzes, das die Länder auszuführen hätten. Dabei sei auch von der gefürchteten Schaffung eines Bundesmelderegisters die Rede, wodurch die Daten der 82 Millionen Einwohner der Bundesrepublik zentral erfasst würden. Selbst wenn keine zentrale Meldebehörde vorgesehen sei, könnte Dix zufolge die zunehmende Vernetzung der kommunalen Melderegister in der Praxis ohne den Einbau zusätzlicher Sicherungen und Zugriffshürden zu einer zentralisierten Datenverarbeitung und einem gemeinsamen Informationsbestand führen.

Die zentrale Datenhaltung beziehungsweise Vernetzung der Meldestellen soll den Bürgern nach Angaben des Datenschützers mit den Schlagworten "E-Government" und "größere Bürgernähe" schmackhaft gemacht werden. Die sei allerdings nur gegeben, wenn die Betroffenen selbst darüber entscheiden dürften, ob Meldebehörden ihre personenbezogenen Informationen stärker als bisher austauschen könnten.

Dix bringt den Vorstoß aus Reihen der Bundesregierung in Zusammenhang mit dem vom Bundesinnenministerium geforderten, heftig umstrittenen Zugriff der Sicherheitsbehörden auf biometrische Daten aus RFID-bestückten Ausweisdokumenten. Diese Forderung aus Unionskreisen werde zu Recht von vielen Experten und einem Großteil des Bundestags abgelehnt. Das Vorhaben zur Schaffung eines Bundesmelderegisters dürfe hinter dem Wirbel um biometrische Zentraldateien aber nicht aus den Augen verloren werden.

Datenschützer sehen Personenkennziffern, die dem Betroffenen anders als die Personalausweisnummer lebenslang und noch über sein Ableben hinaus angehaftet sowie mit umfangreichen Datenbeständen verknüpft werden können, seit Langem kritisch. Sie fürchten einen Einstieg in die Totalerfassung der Bevölkerung. Nichtsdestoweniger hat der Bundesrat bereits im November einem Verordnungsentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer eindeutigen und dauerhaften Identifikationsnummer für Besteuerungsverfahren zugestimmt.

Alle Bundesbürger vom Baby bis zum Greis erhalten so vom Juli an vom Bundeszentralamt für Steuern eine Personenkennziffer zugeteilt. Die bislang dezentral geführten Datenbestände der über 80 Millionen in Deutschland gemeldeten Personen aus rund 5300 Meldestellen werden gleichzeitig erstmals zentral bei der dem Bundesfinanzministerium angegliederten Behörde zusammengeführt. Ersetzt werden dabei die noch von Land zu Land verschieden angelegten bisherigen Steuernummern. Der "gläserne Bürger" werde mit dieser ID und den bereits etablierten Kontroll- und Abfragemöglichkeiten Realität, warnt der Bund der Steuerzahler. (Stefan Krempl) / (pmz)