Der mit den Zahlen spielt: zum 80. Geburtstag von John Conway

Der englische Mathematiker John Conway wurde am 26. 12. 1937 in Liverpool geboren. Er lehrte das Fach in Cambridge und Princeton, wo er emeritierter Professor ist. Er erfand unter anderem das Computerspiel Life, die Abwandlung eines zellularen Automaten.

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Würfel, Block, Struktur, Farbe

(Bild: Denis Azarenko, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ralf Bülow
Inhaltsverzeichnis

In den frühen Siebzigern zeigten Computermonitore in Firmen, Universitäten und Forschungsinstituten immer wieder seltsame Muster. Gruppen von Kästchen entstanden aus dem Nichts und verformten sich; manche krabbelten auch schräg über den Bildschirm und verschwanden am Rande. Doch kein Virus hatte die schrankgroßen Rechner erfasst. Sie zeigten das Spiel Life, das die Programmierer über die Mainframes und Minis der Welt verbreiteten.

Der Erfinder des Spiels hieß John Horton Conway; er lehrte damals reine Mathematik in der Universität Cambridge. Geboren wurde er vor 80 Jahren, am 26. Dezember 1937, in Liverpool. Vater Cyril arbeitete in einem Liverpooler Gymnasium und betreute die Versuche im Chemieunterricht; zu den Schülern gehörten später die Beatles George Harrison und Paul McCartney. Beim kleinen John zeigte sich schon früh die Liebe zu den Zahlen; mit vier Jahren sagte er die Zweierpotenzen auf.

John Conway

(Bild: Thane Plambeck, Bild John Horton Conway, Lizenz Creative Commons CC BY 2.0 )

Mit elf wusste John Conway, dass er Mathematiker werden würde, und studierte ab 1956 das Fach in Cambridge. Hier baute er einen Digitalrechner WINNIE: die "Water Initiated Numerical Number Integrating Engine" addierte Dualzahlen mit Wasserkraft. Seine Doktorarbeit schrieb er aber über ein Thema aus der Mengenlehre. Unter Experten bekannt wurde er 1969 durch die Entdeckung von 24-dimensionalen Gitterstrukturen, und nach ihm sind die Conway-Gruppen Conway-Gruppen benannt.

In den 1960er-Jahren las Conway von den Ideen des Computerpioniers John von Neumanns über zellulare Automaten. Ein solcher Automat existiert in Form von Zellen und Zellengruppen auf einem unbegrenzten Kästchenpapier. Jedes Kästchen kann dabei einen von mehreren Zuständen annehmen, die sich von einem Schritt zum nächsten ändern. In einem Geniestreich reduzierte Conway die Zustände auf genau zwei – Zelle oder keine Zelle.

Für den Übergang der Zellen zur nächste Generation definierte er drei Regeln: Eine Zelle entsteht, wenn sie an drei andere Zellen grenzt. Sie überlebt, wenn sie zwei oder drei Nachbarn hat. Bei weniger als zwei oder mehr als drei verschwindet sie. Damit war das Spiel Life geboren. Publiziert wurde es vom Mathematikautor Martin Gardner im Oktoberheft 1970 des "Scientific American". Gardner beschrieb eine Realisierung mit Dame-Steinen, wobei ein schwarzer Stein eine Zelle markierte.

Life

(Bild: gemeinfrei)

Der Artikel machte Conway zum Star in der Mathematikerwelt. Bald liefen Computerprogramme für Life, und wir finden es natürlich im Netz . Neben Life erfand Conway die Spiele Sprouts, Phutball und Conway’s Soldiers, und er zählte zu den Mitbegründern der kombinatorischen Spieltheorie. Seine Forschungen führten ihn auch zu den surrealen Zahlen, einer spielerischen Erweiterung der reellen Zahlen. Ein schönes Buch dazu schrieb Software-Papst Donald Knuth.

Den Denksport bereicherte der Mathematiker durch die Conway-Folge 1, 11, 21, 1211, 111221,  … – wie heißt das nächste Glied? Und durch den Doomsday-Algorithmus: Mit ihm lässt sich der Wochentag eines beliebigen Datums in Windeseile ermitteln.

Conway betätigte sich ebenso in der Automaten-, Knoten- und Zahlentheorie; mit seinem Kollegen Simon Kochen bewies er 2004, dass man Elementarteilchen einen freien Willen zuweisen kann.
In Cambridge stieg Conway vom Fellow zum Lecturer und Reader und 1983 zum Professor auf. 1987 wechselte er an die Universität Princeton; hier besetzte er bis zur Emeritierung im Jahr 2013 den John-von-Neumann-Lehrstuhl.

2006 erlitt Conway einen Schlaganfall, der ihn bremste, doch sein Denken nicht lahmlegte. 2015 erschien eine dicke Biographie "Genius at Play" der Autorin Siobhan Roberts. Zum runden Geburtstag wünschen wir John Conway alles Gute, weiteres produktives Schaffen und einen Happy Boxing Day. (jk)