Digitale Schule: Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft

Zwar nutzen rund 90 Prozent der Lehrer inzwischen Online-Angebote zur Unterrichtsvorbereitung, doch in der Schule fristet das Internet weiter eine Randexistenz. Was fehlt sind vor allem gute didaktische Konzepte.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Online-Medien bieten Schulen ein großes Potenzial, das aber "noch lange nicht ausgeschöpft" wird. So sei zwar die notwendige IT-Ausstattung größtenteils vorhanden, doch die Nutzung könnte deutlich höher sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Bestandsaufnahme, die das MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung in Essen im Auftrag des Bundesbildungsministeriums vorgenommen hat. Befragt wurden 186 Lehrer aus allen Bundesländern, Interviews wurden mit 30 Experten durchgeführt. Lutz Goertz stellte die Ergebnisse auf der soeben zu Ende gegangenen Fachtagung "Digitale Medien in der Berufsbildung" (PDF-Datei) in Bonn vor.

Rund 90 Prozent der Lehrer nutzen danach zur Unterrichtsvorbereitung bereits Online-Angebote, im Unterricht selbst sind es aber lediglich 20 bis 30 Prozent. Aus Sicht der Schüler fristet das Internet damit in der Schule eine Randexistenz. 83 Prozent Kinder und 98 Prozent der Jugendlichen haben bereits zuhause Zugriff auf PC und Internet. Die Studie stellte dazu fest, dass die Lehrer und Schulleiter dem Thema Computer und Internet aufgeschlossen gegenüber stehen, doch würde sich eher die jüngeren Kollegen dafür engagieren.

Als weitere Ursache wurde im Verlauf der Veranstaltung das Fehlen geeigneter didaktischer Konzepte genannt, da ein konsequenter Einsatz von Computer und Internet in den Schulen auch grundlegende Veränderungen der Unterrichtskultur mit sich bringe. Lehrer müssten zunehmend beratende und moderierende Funktionen einnehmen und einen stärker schülerzentrierten Unterricht ermöglichen. Von einer Änderung der Lernkultur seien die Schulen jedoch noch weit entfernt. Ernst Tiemeyer vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Schule und Weiterbildung sagte: "Es fehlen gute didaktische Konzepte." Zwar sei viel Geld für Selbstlernzentren, für Medienecken oder Notebook-Klassen ausgegeben worden, doch die Frage sei nun: Wie kann man kooperatives Lernen organisieren? Es sei daher wichtig, das Lehrpersonal zu qualifizieren, um Veränderungen in der Lernkultur zu ermöglichen.

Lehrer können inzwischen auf 36 schulspezifische Websites zurückgreifen. Dazu gehören kostenlose Informationsangebote mit Verweisen auf Inhalte anderer Anbieter wie etwa der Deutsche Bildungsserver und Bildung Online, die teilweise kostenlose Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien für Lehrer auf ZUM.de oder Lehrer Online. Hinzu kommen Spezialangebote für bestimmte Themen oder Lehrerzielgruppen wie Lizzynet oder primolo sowie Arbeitsumgebungen für die Zusammenarbeit von Lehrern und Schülern wie etwa "Think.com" oder "lo-net2". Der Deutsche Bildungsserver ist inzwischen bei mehr als der Hälfte der Lehrer bekannt, 45 Prozent kennen Lehrer-Online. Kollaborative Plattformen wie lo-net2 hingegen kennen nur 20 Prozent der Lehrer.

Lehrer legen vor allem Wert auf Datenbanken mit Lerninhalten sowie auf Links und aktuelle Informationen für Lehrer. Virtuelle Arbeitsumgebungen halten nur wenige Lehrer für unverzichtbar. Insofern sind herkömmliche Internetangebote weitgehend akzeptiert. Neue Formen des Web 2.0, bei denen alle Nutzer an den Inhalten mitarbeiten, begrüßt nur eine kleine Pioniergruppe. Entsprechend bestehen auch hinsichtlich der weiteren Entwicklung unterschiedliche Erwartungshaltungen: Während Lehrer von Portalen vor allem die Erstellung von Inhalten erwarten, befürworten Experten den Aufbau eines Lehrer-Netzwerks, bei dem die Pädagogen selbst die Inhalte für das Portal erstellen. Gleichwohl sollen die Portale auch für den Lehrer-Nachwuchs geöffnet werden.

In Fragen der Finanzierung befürworten Lehrer und Experten das Abonnement beziehungsweise die Flatrate. Weniger beliebt ist "Pay per Download". Die Lehrer sind gleichwohl der Ansicht, dass Lehrer-Angebote von den Bundesländern, den Schulträgern oder von Sponsoren finanziert werden sollten. Eine Belohnung für eigene Beiträge in Form einer künstlichen Währung wie der "Bildungsmark" wird zwar von Experten befürwortet, da es weitere Nutzungsanreize bietet. Nur 27 Prozent der Lehrer halten diese Idee jedoch für praktikabel. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (pmz)