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Domain Pulse: Registries sperren proaktiv und hoffen auf weitere Haftungsfreiheit

Monika Ermert
Domain Pulse: Deutsche Registries tagen über Domain-Sperren

(Bild: Monika Ermert)

Der Ton in Bezug auf die Filterung von illegalen oder mutmasslich illegalen Inhalten im Netz wird schärfer. Manche Registries für nationale Top Level Domains bemühen sich schon jetzt „proaktiv“ um Schadensbegrenzung.

16000 Domains hat Nominet, die Verwalterin der britschen Adresszone .uk, im vergangenen Jahr auf Zuruf der britischen Behörden von Netz genommen. Sie liegt damit einsam an der Spitze unter den Länderregistries, was das Filtern ihrer Zone anbelangt. Der Ton in der Politik zur Verantwortlichkeit für Inhalte werde schärfer, sagte Nick Wenban-Smith, hefsyndikus bei Nominet, beim Domain Pulse, dem Treffen der deutschsprachigen Registries Denic, nic.at und Switch.

Bislang anerkennen Gesetzgeber und meist auch Gerichte, dass eine Domainregistry wie die deutsche Denic der falsche Adressat für die Regulierung von Inhalten sind. Weder im Vereinigten Königreich, noch im Belgien, den Niederlanden, der Schweiz oder Deutschland gibt es derzeit Gesetze, die die Registries verpflichten, selbst gegen illegale Inhalte aktiv zu werden.

Nominet sperrte im vergangenen Jahr dennoch eine Rekordzahl von Domains [1] (PDF), nach Meldungen von sieben der insgesamt zehn Organisationen, die mutmaßliche Rechtsverstöße melden. Die meisten Meldungen kommen stammen von der Intellectual Property Crime Unit (13616), gefolgt vom National Fraud Intelligence Bureau (2781). Erstmals hat aber auch das Amt für Veterinärmedizin eine Meldung geschickt.

Eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden pflegt auch die Schweizer Switch, die sich allerdings laut Anna Kuhn von der Switch Stiftung vor allem auf den Kampf gegen Phishing und Malware-Verbreitung gebrauchter Domains beschränkt. Rund 2000 Phishing Domains pro Jahr werden in Zusammenarbeit unter anderem mit der Melde- und Analysestelle Informationssicherung (MELANI) identifiziert und für fünf Tage geblockt. Gelöscht würden sie meist nicht, denn oft werden Domains unbeteiligter Dritter missbraucht, so Kuhn.

Jenseits der Zusammenarbeit mit solchen Behörden gehen Registries mehr und mehr proaktiv gegen mögliche Missetäter in ihren Zonen vor. Noch bis vor 10 Jahren habe man die von der Denic eG bis heute gepflegte Hands-Off-Politik praktiziert, sagte in München Peter Vergote, Jurist bei DNS Belgium. Heute löscht man nach der Maxime, dass die Registry für die Qualität der Zone verantwortlich ist, rund 12 Domains im Monat, meist solche, die als Phishing Domains auffallen. Um sich nicht zum Richter über „legal oder nicht“ aufzuschwingen, greift man dabei gerne zum Trick, die Domains wegen falscher Whois-Angaben zu sanktionieren.

Auch bei SIDN, der .nl Registry, fühlt man sich verantwortlich für Qualität und Sicherheit der Zone und löscht in Eigenregie, wenn man es für richtig erachtet. Von zwei Fällen im Jahr spricht Maarten Simon von SIDN. Mit solchen proaktiven Schritten in Extremfällen wolle man die Vertrauenswürdigkeit von .nl absichern.

Gleichzeitig hofft man insgeheim wohl auch, dass die Registries auch künftig von der Haftung frei gestellt bleiben. Selbstverständlich ist das heute nicht mehr, wie das noch laufendes Gerichtsverfahren Universal Music gegen KeySystems zeigt. KeySystems wurde darin schon zweimal verurteilt, weil die Gerichte in Saarbrücken befanden, ein Registrar müsse auf Zuruf eines in seinen Urheberrechten verletzten Unternehmens eine Domain sperren. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen und vom Registrar bis zur Registry ist es nur noch einen Schritt. (jow [2])


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[1] https://s3-eu-west-1.amazonaws.com/nominet-prod/wp-content/uploads/2017/11/14161604/Tackling-online-criminal-activity-November-2017.pdf
[2] mailto:jow@ct.de