ETIAS: EU-DatenschĂĽtzer kritisiert geplante Vorkontrolle visafreier Reisender
Bei den EU-Plänen für ein Reiseinformations- und Genehmigungssystem sieht der Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli noch technische, rechtliche und ethische Fragen ungeklärt.
Die EU-Kommission ist mit ihren Initiativen, die Außengrenzen besser abzusichern und Migrationsbewegungen stärker zu kontrollieren, über das Ziel hinausgeschossen. Dies beklagt der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme zum geplanten Reisegenehmigungssystem ETIAS ("EU Travel Information and Authorisation System"). Da die Kommission dazu nicht einmal die eigentlich geforderte Datenschutzfolgeabschätzung mitgeliefert habe, sei es im Prinzip derzeit gar nicht möglich zu prüfen, ob das Instrument nötig und verhältnismäßig sei.
Rechtliche und ethische Fragen
Klar ist laut Buttarelli aber auch so bereits, dass mit dem System zur Vorkontrolle von visafrei in die EU Einreisenden die Betroffenen in hohem Maße durchleuchtet werden sollen. Die dafür vorgesehenen Techniken zur Profilerstellung würfen "ernsthafte technische, rechtliche und ethische Fragen" auf. Erst wenn die Kommission diese zur Genüge beantwortet habe, werde ersichtlich, ob das Vorhaben transparent und rechtmäßig gestartet werden könne.
Betroffene müssen dem Verordnungsentwurf zufolge künftig über einen Online-Antrag den Behörden zunächst zahlreiche persönliche Informationen wie Angaben zu Identität, Reisedokument, Aufenthaltsort, Kontaktmöglichkeiten, ansteckenden Krankheiten oder Ausbildung übermitteln. Die Daten sollen automatisch mit zahlreichen anderen Datenbanken wie dem Schengen- oder Visa-Informationssystem, Beständen von Europol und Interpol, dem Fingerabdrucksystem Eurodac oder dem mittlerweile zwischen dem EU-Rat und dem Parlament ausgehandelten Biometrie-System zur Kontrolle von Reisenden mit Visum abgeglichen werden.
Gut begrĂĽnden
All diese skizzierten und bestehenden Instrumente zur Grenzkontrolle müssten gemeinsam gesehen werden. Es sei Aufgabe der Kommission nachzuweisen, wieso die bereits verfügbaren Mittel nicht ausreichten, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Vor allem der mit ETIAS geplante Rückgriff auch auf besonders sensible Gesundheitsdaten müsse gut begründet werden, zumal deren Aussagekraft zweifelhaft sei. Die Kommission habe ferner keine ausreichenden Gründe geliefert, wieso Strafverfolgungsbehörden wie Europol auf die erhobenen Informationen zugreifen können sollten.
Der Kontrolleur zweifelt ferner die Legitimität der vorgesehenen fünfjährigen Vorratsdatenspeicherung sowie die Interoperabilität mit anderen einschlägigen IT-Systemen an. Es sei auch nicht hinreichend geklärt, ob die Rechte der Betroffenen gewahrt würden oder ob es unabhängige Prüfmöglichkeiten für die Datenbank gebe. Insgesamt dürfe das legitime Bestreben, "unsere Grenzen abzusichern, nicht auf Kosten des Schutzes von Grundrechten gehen". Die Politik müsse hier nach einer angemessenen Balance suchen.
(vbr)