EU-Abgeordnete: Internetkonzerne sollen anhand "digitaler Betriebsstätte" besteuert werden

Geht es nach dem EU-Parlament, sollen Apple, Amazon, Google & Co. künftig in Europa Abgaben zahlen, wenn sie in einem EU-Mitgliedstaat "digital präsent" sind. Herangezogen werden soll etwa die Nutzung persönlicher Daten.

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EU-Abgeordnete: Internetkonzerne sollen anhand "digitaler Betriebsstätte" besteuert werden

Europäisches Parlament in Straßburg

(Bild: EU-Parlament)

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Das EU-Parlament hat seine Bemühungen verstärkt, Steuerschlupflöcher für weltweit tätige Internetkonzerne zu schließen: Apple, Amazon, Google, Facebook, Microsoft oder andere IT-Firmen sollen künftig gegebenenfalls über das Konzept einer "digitalen Betriebsstätte" in der EU besteuert werden.

Die Behörden müssten dabei anhand von Referenzwerten wie der Anzahl der Nutzer oder der Menge der gesammelten Daten ermitteln, ob ein Unternehmen in einem Mitgliedstaat "digital präsent" und damit steuerpflichtig ist.

Der Wert personenbezogener Daten habe zugenommen, begründen die Abgeordneten ihre Forderung. Die großen Online-Plattformen nutzten diese Informationen der Nutzer längst, um ihren eigenen Reichtum zu mehreren. Bei der Berechnung der Steuerschuld solcher Unternehmen werde dieser Faktor derzeit jedoch nicht berücksichtigt.

Der Appell ist Teil der Position der Abgeordneten zur "Gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer" (GKKB), die das Parlament am Donnerstag im Plenum mehrheitlich abgesteckt hat. Unternehmen sollen demnach auch ihre Steuerschuld berechnen, indem sie die Gewinne und Verluste ihrer Niederlassungen in allen EU-Ländern addieren. Die sich daraus ergebende Abgabe würde dann zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt und dabei berücksichtigt, wo die Gewinne erwirtschaftet wurden. Damit soll die derzeitige Praxis erschwert werden, dass Firmen ihre Steuerbemessungsgrundlage in Niedrigsteuergebiete verlagern.

Dazu sollen die Steuervorschriften mit dem neuen Konzept in allen EU-Ländern vereinheitlicht werden. Unternehmen müssten sich nicht mehr mit 28 verschiedenen nationalen Regelungen auseinandersetzen und wären nur noch einer einzigen Steuerverwaltung in Form eines "One-Stop-Shop" gegenüber rechenschaftspflichtig.

Der parlamentarische Berichterstatter Alain Lamassoure von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) bezeichnete das Votum als "großartige Gelegenheit", um im Bereich der Unternehmensbesteuerung "einen Sprung nach vorne zu machen". Der SPD-Abgeordnete Peter Simon erklärte: "Der neue Mechanismus wäre der Anfang vom Ende der Verschiebung von Unternehmensgewinnen in Steuerdumpingländer."

Martin Schirdewan von der Linksfraktion gab dagegen zu bedenken, dass der Teufel im Detail stecke. Dass sich die Empfehlungen weiterhin bloß auf Konzernprofite innerhalb von Mitgliedstaaten beschränkten, sei "praktisch eine Aufforderung, die Gewinnverschiebung ins EU-Ausland nur noch zu verstärken". Auch der Finanzexperte der Grünen, Sven Giegold, warb dafür, "dass ein Mindeststeuersatz die Gesamtkonzernsteuer flankieren muss". Die EU-Kommission und der Ministerrat sollten nun den Vorschlägen des Parlaments folgen "und zügig eine Digitalsteuer einführen".

Die Kommission will nächste Woche ihren Plan vorstellen, wie sie Internetkonzerne künftig stärker in den einzelnen EU-Ländern zur Kasse beten will. Das Parlament hatte sich erst am Mittwoch prinzipiell dafür ausgesprochen, dass Digitalfirmen ihr Scherflein zum EU-Haushalt beitragen sollen. (anw)