Effektiveres Wettbewerbsrecht soll Marktmissbrauch von Internetriesen verhindern
Minister Altmaier ließ prüfen, welche Mittel die kartellrechtliche Aufsicht hat, um früher gegen unfaire Praktiken der Internetgiganten einzuschreiten.
Die Bundesregierung will die marktbeherrschende Stellung der großen Internetkonzerne einhegen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat dafür am Dienstag eine Studie vorgestellt, in der die kartellrechtlichen Möglichkeiten gegen die großen Plattformen aufgezeigt werden. Die Digitalisierung stelle die Wettbewerbsbehörden vor neue Herausforderungen, sagte Altmaier, der sich bereits am Wochenende für ein zeitgemäßes Kartellrecht ausgesprochen hatte.
Die Studie zur "Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen" untersucht, "wo wir das Wettbewerbsrecht weiter entwickeln müssen, damit es auch schlagkräftig auf die neuen Anforderungen reagieren kann", sagte Altmaier am Dienstag in Berlin. Es gelte die richtige Balance zu finden "zwischen den Wachstumsmöglichkeiten deutscher und europäischer Plattformen einerseits und der Verhinderung des Missbrauchs von Marktmacht andererseits".
Bereits im Sommer 2017 wurde die Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) um einige Regeln für die Digitalwirtschaft ergänzt. Auch im Koalitionsvertrag wurde das Thema aufgegriffen. Ziel sollte sein, die wettbewerbsrechtliche Aufsicht im Hinblick auf den Missbrauch durch Plattformunternehmen zu stärken. Wie sich das umsetzen lässt, untersucht nun die von EU-Sonderberaterin Professor Dr. Heike Schweitzer, Professor Dr. Justus Haucap und Professor Dr. Wolfgang Kerber erstellte Studie.
Verbot des Machtmissbrauchs meistens ausreichend
Zwar bescheinigt die Studie, dass das im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht existierende Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung grundsätzlich geeignet ist, Wettbewerbsgefährdungen zu erfassen. Es gibt aber auch Fälle, bei denen die Autoren empfehlen, die Interventionsschwelle zu senken. So sollen etwa Regelungen ein "Tipping" von Märkten verhindern, wenn das Umkippen eines Marktes ins Monopol auf strategischen Behinderungen marktmächtiger Unternehmen beruht.
Machtpositionen können auch durch Kontrolle über Daten begründet werden. Die Studie schlägt diesbezüglich vor, die Messlatte an die Missbräuchlichkeit der Datenzugangsverweigerung niedrig anzusetzen. Außerdem solle man über eine marktanteilsabhängige "Daten-Sharing-Pflicht" nachdenken, um den Zugang zu großen Datenmengen für Zwecke des Trainings selbstlernender Algorithmen zu erleichtern und so Wettbewerbsvorteile besonders datenreicher Unternehmen zu neutralisieren. Das BMWi wird nun die Studie prüfen. Die Resultate sollen in die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einfließen.
eco warnt vor Schlechterstellung der Internetwirtschaft
Der Branchenverband der Internetwirtschaft eco reagierte mit einer Stellungnahme auf die geplante Gesetzesänderung. Angesichts der Digitalisierung und der Plattformökonomie sei die Novellierung grundsätzlich nachvollziehbar. Allerdings müsse die Bundesregierung darauf achten, dass es keine Verschiebung zu Ungunsten der gesamten Internetwirtschaft gebe, ließ der eco-Vorstandsvorsitzende Oliver Süme verlauten. Denn das sei bei der letzten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen passiert. Süme kritisierte auch die europäischen Pläne für eine P2B-Verordnung (Plattform to Business) und die Einführung einer Digitalsteuer, denn sie gingen in Richtung einer Schlechterstellung der Internetkonzerne gegenüber der Offline-Wirtschaft.
"Eine solche Ausbremsung von Internetunternehmen verkennt die ökonomische Bedeutung der Digitalisierung und ist ein falsches Signal für den deutschen und europäischen Digitalstandort", sagte Süme. eco spricht sich für ein beschwerdegetriebenes Kartellrecht aus, bei dem der Missbrauch der Marktmacht stärker im Fokus steht und das Bundeskartellamt auf Beschwerden hin oder bei Festellen eines Marktmissbrauchs tätig wird. (ur)