European Robotics Forum: Angst vor zweitem Oppenheimer und Kritik an Science Fiction
Die Roboterentwicklung schreitet immer weiter voran, während der gesetzliche Rahmen zurückbleibt. Bei einer Konferenz in Finnland plädieren Entwickler für mehr Regeln, kritisieren aber auch Science Fiction dafür, falsche Erwartungen zu wecken.
"Roboter werden mehr und mehr Teil unseres Alltags", sagte Bernd Liepert bei der Eröffnung des diesjährigen European Robotics Forum (ERF 2018) im finnischen Tampere. Es gehe darum, aus dem Potenzial der Technik das Beste zu machen. Gleichwohl seien die gesellschaftlichen Herausforderungen "gewaltig", bemerkte der Chief Innovation Officer des Roboterherstellers Kuka und amtierende Präsident des Branchenverbands euRobotics, der die Tagung organisiert. In den kommenden Tagen werden mehr als 900 Konferenzteilnehmer in der drittgrößten Stadt Finnlands, die wegen ihrer Industriegeschichte als das "Manchester des Nordens" gilt, darüber beraten, wie das Potenzial realisiert und die Herausforderungen bewältigt werden können.
Unklarer Weg zur Vision
Ein paar Ideen gab es schon bei der Eröffnungsveranstaltung. Roboter können dem Wachstum, dem Geschäft und der Gesellschaft als Ganzes nützen, meinte etwa Anne Berner, finnische Ministerin für Transport und Kommunikation. Sie räumte aber auch ein: "Es fehlt uns noch an Klarheit, wie wir zu dieser Vision gelangen können." Die größten Herausforderungen lägen dabei weder im technischen, noch im rechtlichen Bereich: "Im Kern geht es um das Vertrauen der Menschen."
Juha Heikkilä, bei der Europäischen Kommission für die Förderung der Robotikforschung zuständig, sieht gegenwärtig ethische und soziale Fragen im Zentrum der Debatte. Sie sollen von einer neuen Forschungsinitiative, die Ende April veröffentlicht wird, aufgegriffen werden. Es sei nötig, die richtige Balance zwischen Innovation und Schutz zu finden, sagte Heikkilä und versprach "smart regulations for smart systems".
Science-Fiction als Problem
Bei der Frage der Regulierung gab es unterschiedliche Meinungen. Liepert meinte, es gebe keinen Grund, sie zu fürchten. "Wir bitten sogar darum, weil wir nicht enden wollen wie Robert Oppenheimer", sagte er. Oppenheimer, der die Entwicklung der Atombombe leitete, hatte seine Arbeit später zutiefst bedauert. Thomas Pilz von der Pilz GmbH dagegen hält nichts von staatlich verordneten Regeln. Sie würden der Industrie nicht helfen, sagte er. Die Europäische Kommission sei besser beraten, die Produktion von Filmen zu fördern. Das war wohl als Scherz gedacht, aber nur zum Teil. Während andere Redner befürchteten, die durch Science-Fiction-Filme genährten, übersteigerten Erwartungen an Roboter könnten deren Akzeptanz erschweren, betonte Pilz: "Wir haben kein Akzeptanzproblem, wir haben ein Marketingproblem. Mit den richtigen Filmen und Computerspielen kriegen wir schon die Akzeptanz."
Ob das wirklich so einfach ist? Marketta Niemelä vom finnischen Forschungszentrum VTT hatte ihre Zweifel. "Wir haben ein Science-Fiction-Problem", sagte sie. Sie möchte den negativen Einstellungen zu Robotern eher durch Vorführungen realer Roboter begegnen – und durch Regulierungen. Die technische Entwicklung müsse zudem durch die Entwicklung von Dienstleistungen begleitet werden. Ähnlich formulierte es Heikkilä: "Vertrautheit mit Technologie bringt Vertrauen hervor." Und Jyrki Kasvi, der für die Grünen im finnischen Parlament sitzt, brachte noch einmal die eigentliche Herausforderung auf den Punkt: "Wir schaffen eine völlig neue soziale Ordnung und neue Märkte." (mho)