Expert Days: Roboterfirmen auf Partnersuche

Geht es bei der Einführung der Robotik zu schnell oder nicht schnell genug? Die Experten sind sich darin nicht einig, wie sich bei den Expert Days zeigte. Zu sehen waren dort aber auch wieder neue Einsatzfelder für automatische Helfer.

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Expert Days: Roboterfirmen auf Partnersuche

Am Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe wird das Zusammenspiel verschiedener Roboterarme mit einem Fließband erforscht.

(Bild: heise online/Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 4 Min.
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  • Hans-Arthur Marsiske

Es war ein kontrastreiches Programm, das zum Abschluss der International Expert Days in Lauffen geboten wurde. Gerade hatte man in der Kaffeepause darüber gesprochen, dass Digitalisierung und Automatisierung immer größere Teile der Gesellschaft überforderten und es gut wäre, das Tempo herauszunehmen, da betrat schon jemand die Bühne, dem es gar nicht schnell genug gehen konnte. „Wie können wir der Industrie helfen?“, fragte Søren Peter Johansen vom Danish Technological Institute und meinte damit: Wie überzeugen wir mehr Firmen davon, Roboter einzusetzen?

Blick in den Konferenzsaal in der Stadthalle Lauffen

(Bild: heise online/Hans-Arthur Marsiske)

Es gelte, mehr Nachfrage nach ihnen zu schaffen, indem man die Technik in der Öffentlichkeit zeigt, Automatisierungspreise von bekannten Persönlichkeiten übergeben lässt und immer wieder die gute, alte Geschichte erzählt, dass Roboter mehr Arbeitsplätze schaffen als sie vernichten. Wobei Johansen sich offenbar nicht fragte, worin eigentlich der Sinn einer arbeitssparenden Technik liegen soll, wenn sie den Menschen am Ende mehr Arbeit macht als vorher.

Gleich darauf trat Bernd Liepert, Chief Innovation Officer bei der Kuka AG, wieder etwas auf die Bremse. Die Aussage von Bill Gates, dass es bis 2025 in jedem Haushalt einen Roboter geben werde, zweifelte er an. Es käme natürlich darauf an, an was für eine Art Roboter Gates dabei gedacht hat. Wenn es um mehr als automatische Staubsauger ginge, dürfte es wohl ein bis zwei Jahrzehnte länger dauern, so Liepert. Gleichwohl vollziehe sich in der Robotik gerade die vierte Revolution: Nach den Industrierobotern, den sensitiven und sicheren Roboterassistenten und den mobilen Robotern käme jetzt die kognitive, auf Roboter gestützte Automatisierung.

Die Zukunft der persönlichen Roboter sei schon da, die Schlüssel zum Erfolg seien Software und künstliche Intelligenz. "Daten sind das neue Öl", sagte Liepert, schob aber gleich nach: "Das heißt, sie sind genauso problematisch." Ums Öl seien Kriege geführt worden und die aktuelle Hackerattacke auf die Bundesregierung lege nahe, dass auch der Streit um Daten bis zu kriegerischer Gewalt eskalieren kann. "Wir müssen sehr sorgfältig mit der Technologie umgehen", mahnte Liepert, verwies auf Robert Oppenheimer, zitierte aus Goethes "Zauberlehrling" ("die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los") und forderte, dass bei der Ausarbeitung von Richtlinien für den Umgang mit Robotik die gesamte Gesellschaft einbezogen werden müsse.

Zu den erfolgreichsten dänischen Exportartikeln zählen die Roboterarme von Universal Robotics, von denen ein Exemplar auch bei den Expert Days zu sehen war.

(Bild: heise online/Hans-Arthur Marsiske)

Natürlich möchte auch Liepert weiterhin Roboter verkaufen. Um aber in diesem Geschäft auf Dauer zu bestehen, seien Partnerschaften entscheidend. Wie gut das funktionieren kann, schilderte Claus Risager, Ko-Organisator der Tagung und Co-CEO der Firma Blue Ocean Robotics in Odense, die in den fünf Jahren ihres Bestehens bereits 20 solcher Partnerschaften aufgebaut hat. So arbeitet Blue Ocean etwa zusammen mit dem Spezialisten für Reinigungsmaschinen Nilfisk an der Automatisierung von Reinigungsarbeiten. Gemeinsam mit der Firma Desmi, die Technologien zur Eindämmung von Ölteppichen auf See entwickelt, arbeiten die Odenser an dem Projekt PyroDrone: Das Abfackeln des Öls soll sicherer erfolgen, indem es von einer Drohne aus gezündet wird. Von einem UV-Desinfektionsroboter, der die Hygiene in Krankenhäusern verbessern soll und den Blue Ocean gemeinsam mit der UV-DR Company entwickelt, seien bereits zehn Stück verkauft worden, ergänzte Risager.

Die Dänen haben offenbar einige Erfahrung darin, Kompetenzen erfolgreich zu kombinieren. Im Jahr 1988 hätten sich Forscher und Entwickler aus der Robotik in Dänemark zusammengefunden, so Risager. Diese Robotikgemeinschaft sei mittlerweile auf 120 Firmen allein in Odense gewachsen. Es habe sich ein regelrechtes Ökosystem gebildet, das die Entwicklung voranbringe. Dem wollen auch die Expert Days Rechnung tragen, die im kommenden Jahr erstmals nicht im Umfeld der Firma Schunk stattfinden sollen – sondern am 27. und 28. Februar 2019 in Odense, wie Firmenchef Henrik Schunk am Ende der Tagung verkündete. (mho)