Facebook-Datenskandal: Whistleblower wollte "feuchten Traum der NSA" erschaffen
Christopher Wylie hat mit seinen Enthüllungen über die Praktiken von Cambridge Analytica eine Debatte über Facebook ausgelöst. Seine Skrupel sind aber offenbar eher neu, legen Dokumente nah. In Großbritannien stockt derweil die Aufarbeitung.
Der Whistleblower Christopher Wylie, der laut seinen eigenen Angaben einst dabei geholfen hat, die umstrittene Datenanalysefirma Cambridge Analytica aus der Taufe zu heben, war sich wohl durchaus bewusst, was er damit erschafft. Das jedenfalls berichtet Buzzfeed unter Berufung auf Dokumente, die angeblich einen Einblick in die Motivationen des damals äußerst ehrgeizigen Mannes geben.
Demnach wollte Wylie ab Ende 2013 ein Unternehmen aufbauen, das detailliert analysieren könnte, was Internetnutzer in aller Welt über sich preisgeben und diese Daten an jeden zahlungskräftigen Kunden verkaufen. Für dieses Projekt suchte er damals Geldgeber, realisiert hat er es nicht. Freunden erzählte er demnach, dass er "den feuchten Traum der NSA" erschaffen wolle.
Buzzfeed weist darauf hin, dass die Dokumente Wylies nun getätigten Aussagen über die Ambitionen von Cambridge Analytica nicht widersprechen, sondern diese eher untermauern. Sie zeigten Wylie aber in einem nicht sehr schmeichelhaften Licht; sein Anwalt habe dem Onlinemagazin denn auch mitgeteilt, dass er sich seiner Verantwortung stellen wolle. Den Bericht zufolge plante Wylie die Gründung eines eigenen Unternehmens, dessen Datenanalyse er zum Verkauf anbieten wollte – möglichst für gute Zwecke, "aber das Böse bezahlt mehr". Auf welche Daten er dabei tatsächlich hätte zugreifen können, bleibt unklar. Die Fragen, wie viel an den Äußerungen von Cambridge Analytica nicht mehr als abgehobene Eigen-PR ist und welchen Einfluss die Firma tatsächlich ausüben konnte, können die Dokumente also auch nicht klären.
Ermittler warten auf Durchsuchungsbefehl
Antworten darauf könnte die Untersuchung der britischen Datenschutzaufsicht liefern, die sich aber immer weiter verzögert. Nachdem die Ermittler, die schon am Montag zur Zentrale von Cambridge Analytica geschickt worden waren, dort auf Forensiker im Auftrag von Facebook gestoßen waren, hatten die zwar ihre Arbeit eingestellt. Aber derzeit warten die Datenschützer weiterhin auf einen Durchsuchungsbefehl, schreibt der Guardian. Frühestens am heutigen Freitag könnten sie damit die Computer und Datenbanken in Beschlag nehmen, nachdem die Mitarbeiter von Cambridge Analytica sich tagelang auf diesen Schritt vorbereiten konnten. Schon am Dienstag seien Kisten mit unbekanntem Inhalt aus dem Gebäude getragen worden, berichtet die britische Zeitung.
Derweil kommen auch mehr Details zur offenbar durchaus engeren Zusammenarbeit zwischen Facebook und den nun im Fokus stehenden Datenanalysten ans Licht. Der Psychologieprofessor Aleksandr Kogan, der auch die 50 Millionen Facebook-Profile gesammelt hatte, die im Zentrum der aktuellen Debatte stehen, hatte von Facebook noch viel mehr Daten bekommen. Wie die Universität Cambridge 2015 mitgeteilt hat, konnte Kogan – damals unter dem Namen Aleksandr Spectre – einen Datensatz von 57 Milliarden Freundschaften auf Facebook auswerten. An seiner Studie waren auch Mitarbeiter des Netzwerks beteiligt. Kogan will deswegen auch die aktuelle Kritik nicht auf sich sitzen lassen, laut Guardian besteht er darauf, dass Facebook seine Aktivitäten nie beanstandet hat. (mho)