Flattr-Neuauflage bezahlt Content-Ersteller automatisch
Mit der neuen Version des Mikro-Bezahldienstes soll es Nutzern einfacher machen, die Ersteller ihres Lieblings-Contents zu belohnen. Die neuen Eigentümer haben hochgesetzte Pläne.
Ein halbes Jahr nach der Übernahme des Mikro-Bezahldienstes Flattr hat der Kölner Firma Eyeo nun die neue Version des Dienstes auf Basis einer Browser-Erweiterung online gestellt. Die Neuerung: Flattr entscheidet nun automatisch, welche Inhalte wie viel Geld zugewiesen bekommen.
Spende ohne Klick
Flattr war 2010 als "Social-Payment-Dienst" entstanden. Grundidee des von Peter Sunde and Linus Olsson gegründeten Dienstes: Nutzer legen einen monatlichen Betrag fest, mit dem sie ihre Lieblings-Inhalte im Netz unterstützen wollen. Die Ersteller von Web-Inhalten konnten dazu auf ihren Websites Flattr-Buttons einbauen. Je häufiger ein solcher Button geklickt wurde, um so mehr Geld der Nutzer bekam der Ersteller zugeteilt.
Bei der Neuauflage des Dienstes entfällt die Notwendigkeit für Buttons. Die Browser-Erweiterung, die derzeit für die Desktop-Versionen von Firefox und Chrome angeboten wird, erfasst automatisch, welche Inhalte die Nutzer aufrufen und wie lange sie sich mit den entsprechenden Inhalten beschäftigen. Aufgrund der Statistiken werden dann die eingezahlten Beiträge aufgeteilt. Flattr berechnet dabei 16,5 Prozent der eingezahlten Beträge für Abwicklung des Dienstes und der Zahlungen - beim alten Dienst waren es noch 10 Prozent. Hinzu kommt noch eine Abrufgebühr von 3 Dollar, wenn ein Content-Produzent Geld zu sich transferiert.
Datenschutz und Geld versprochen
Um an Flattr teilzunehmen, müssen sich die Nutzer verpflichten zwischen 3 und 15 Dollar monatlich einzuzahlen – die Abrechung erfolgt derzeit nur über Kreditkarte. Die Herausgeber von Flattr versprechen dabei, den notwendigen Datentransfer zu minimieren: So soll nicht die gesamte Surfhistorie an Flattr übertragen werden, sondern nur die fertige Auswertung, die zur Zuteilung des Monatsbetrags benötigt wird.
Die Firma Eyeo, die insbesondere als Herausgeber des Werbeblockers Adblock Plus bekannt ist, will mit Flattr hoch hinaus. "Unser Ziel ist es, mittelfristig 10 Millionen zahlende Flattr Nutzerinnen zu erreichen.", erklärt Mitgründer Till Faida. "Mit einem Monatsbeitrag von 5 Dollar würden wir so jährlich über 500 Millionen Dollar zusätzliche Einkünfte an Verlage und kleinere Webseiten auszahlen." Mit solchen Summen könnte sich Flattr als Alternative für Werbefinanzierung und Paywalls etablieren.
Das Flattr-Ei-Problem
Doch solche Zahlen sind derzeit in weiter Ferne. Nach eigenen Angaben hat Flattr 35000 verschiedenen Angebote erfasst, die die als mögliche Empfänger von Flattr-Beträgen in Frage kommen. Als Neuzugang konnte die Firma WikiTibune gewinnen, das angekündigte Magazin von Wikimedia-Gründer Jimmy Wales. Doch war Flattr in der Vergangenheit ein Nischenprodukt geblieben. In den vergangenen Jahren verlor der Dienst nicht zuletzt aufgrund technischer Probleme immer mehr an Zuspruch und Einnahmen. Die Berliner "tageszeitung" mit ihrem Gesamt-Angebot im Januar 2017 nur noch auf gerade einmal 100 Euro Einnahmen. Den allermeisten Content-Erstellern zahlte Flattr nur wenige Euro aus.
Das neue Flattr startet zudem mit einem Handycap: Flattr-Nutzer können im Gegensatz zu Nutzern von bereits etablierten Diensten wie Patreon derzeit keine Gegenleistung für ihre finanzielle Unterstützung erwarten. Nicht zuletzt als Reaktion auf die Verbreitung von Programmen wie Adblock Plus hatten viele Verlage Paywalls eingerichtet, um Inhalte nur noch zahlenden Kunden zugänglich zu machen. Dass deutsche Verlage Ausnahmen für Flattr-Nutzer schaffen, erscheint unwahrscheinlich. So haben mehrere Verlagshäuser Eyeo verklagt und treten im kommenden Frühjahr vor dem Bundesgerichtshof an, um das Geschäftsmodell von Adblock Plus untersagen zu lassen. (axk)