Fraunhofer will Flugzeuge mithilfe von Laser-Technik enteisen

Eine Oberflächenbehandlung von Flugzeugtragflächen mit einem Laser soll das Anhaften von Eis verringern. Diese Alternative wäre auch gut für die Umwelt.

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Fraunhofer will Flugzeuge mit Hilfe von Laser-Technik enteisen

(Bild: Fraunhofer IWS Dresden)

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Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden haben gemeinsam mit Airbus und der Technischen Universität (TU) Dresden ein Verfahren entwickelt, das Flugzeugoberflächen in Zukunft schneller und umweltschonender enteisen könnte. Bisher werden die Maschinen am Boden mit Chemikalien von Schnee und Eis befreit, erklärte der Leiter des Teams Oberflächenfunktionalisierung, Tim Kunze, der dpa. In der Luft werden die Flugzeugoberflächen durch Heizelemente geschützt. Beide Optionen seien zeitaufwendig, kostspielig und nur bedingt nachhaltig.

Nun könnte das Team des Fraunhofer IWS eine Lösung gefunden haben, um das Eis vor dem Festfrieren an den Tragflächen zu hindern: eine spezielle Laserbehandlung. Beim Direkten Laserinterferenzstrukturieren (DLIP) werde die Struktur der Flugzeugoberfläche mit einem Laser so bearbeitet, dass Eis schlechter anhafte, erklärte Kunze.

Die Oberflächenstruktur wird per DLIP-Verfahren erzeugt.

(Bild: Airbus)

Bei dem Verfahren werden "komplexe, mäanderförmige Oberflächenstrukturen" im Mikrometer- und Submikrometerbereich erstellt. Dabei kombinieren die Wissenschaftler die DLIP-Technik mit Ultrakurzpulslasern. Damit können die mehrstufigen Mikrostrukturen auf den Tragflächen in einem Schritt erzeugt werden.

"Die Anwendung von Mikro- und Nanostrukturen auf Metall bewirkt, dass sich Wassertropfen nicht mehr anheften können. Dieser Effekt ist der Natur entlehnt und im Allgemeinen als Lotus-Effekt bekannt. Mit unserem neuen DLIP-Verfahren können wir eine fragmentierte Oberfläche erzielen und so die Zahl der Anhaftpunkte für Eis deutlich reduzieren", erklärt Sabri Alamri vom Fraunhofer IWS die Wirkungsweise.

Wasser perlt von den behandelten Oberflächen besser ab. Das verhindert auch das Anhaften von Eis.

(Bild: Airbus)

Nach Angaben der Wissenschaftler zeigen Tests von derart behandelten miniaturisierten Tragflächenteilen im Windkanal von Airbus, dass sich Teile von anhaftendem Eis unter "bestimmten Vereisungsbedingungen" von selbst lösen können. Das Eis könne aufgrund der Oberflächenstruktur der Tragfläche nur eine bestimmte Zeit wachsen, danach falle es von alleine ab. Getestet wurde unter realen Bedingungen bei Windgeschwindigkeiten zwischen 65 und 120 m/s sowie Lufttemperaturen unter -10 Grad Celsius und bei unterschiedlichen Feuchtigkeitswerten.

In den Tests verglichen die Forscher auch den Enteisungsvorgang eines behandelten und unbehandelten Tragflächenteils miteinander. Bei einer Heizleistung von 60 Watt dauerte die Enteisung unbehandelter Oberflächen 70 Sekunden, die von behandelten Oberflächen lediglich 5 Sekunden, was eine deutliche Zeitersparnis von 90 Prozent bedeute. Um den gleichen Effekt bei unbehandelten Flächen zu erzielen, müsse die Heizleistung um 25 Prozent erhöht werden.

Das entwickelte Verfahren könne die Nutzung umweltschädlicher Enteisungsmittel minimieren, den Energie- sowie den Treibstoffverbrauch im Flugbetrieb senken – und die Wartezeit für die Fluggäste während der Enteisung reduzieren. Pro Enteisungsvorgang werden beispielsweise etwa 400 bis 600 Liter umweltschädlicher Flüssigkeit benötigt, die zusätzlich hohe Kosten verursacht. Auch das Fluggewicht könne sich aufgrund potenziell kleinerer Heizaggregate verringern. "Mit herkömmlichen Technologien ist eine Kombination der beiden Effekte bislang so nicht möglich", heißt es aus dem Fraunhofer IWS Dresden.

Nach ersten Versuchen im Windkanal werde die Methode nun in realen Flugtests mit einem Airbus 350 optimiert. "Ist die Struktur stabil? Ist der Effekt stabil? Das ist gerade in Arbeit", erklärte Kunze. Das Ziel: ein industriereifes Endprodukt. "Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir rechnen noch nicht damit, dass es im Laufe des Jahres in die Anwendung geht. Da ist noch einiges zu tun", sagte Kunze. "Aber wir konnten als Erste zeigen, dass der Anti-Icing-Effekt funktioniert."

Das Verfahren des Dresdner Teams hatte sich im Verlauf eines EU-Projekts gegen verschiedene Laserverfahren aus Ländern wie Spanien, den Niederlanden und Großbritannien durchsetzen können. Der Anti-Icing-Effekt könnte den Angaben zufolge auch für viele andere Bereiche, etwa für Windräder und Turbinen, relevant sein. (mit Material der dpa) / (olb)