Genaueste Uhr der Welt – jetzt noch viel genauer

Moderne optische Uhren sind inzwischen rund 1000 Mal genauer als die Standard-Zeitmesser mit Cäsium-Fontänen. Das ermöglicht unter anderem die Messungen feinster Gravitationsunterschiede etwa von zwei Zentimetern auf der Erdoberfläche.

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Genaueste Uhr der Welt -- jetzt noch vielgenauer
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Von
  • Andreas Stiller

Schon vor sieben Jahren haben Physiker der University of Colorado in Boulder zusammen mit Metrologen des amerikanischen National Institute of Standards and Technology Präsizionsuhren auf Basis eines optischen Gitters vorgestellt, die weit genauer arbeiten können als übliche Cäsium-Uhren. Im letzten Jahre berichteten sie dann in Nature über den aktuellen Stand, demzufolge erreichten sie eine Präzision von 6,4 *10-18.

Mit anderen Worten, die Uhr weicht selbst nach 5 Milliarden Jahren weniger als eine Sekunde ab. Und die Forscher vermerkten damals, dass man die Ganggenauigkeit noch erheblich erhöhen kann. Das haben sie nun geschafft. Wie sie in der aktuellen Ausgabe des britischen Fachblatts Nature Communications berichten, gelang ihnen einer Verdreifachung, auf weniger als eine Sekunde Abweichung in 16 Milliarden Jahren. Auch die Stabilität wurde um rund 50 Prozent erhöht.

Die Präzision liegt nun bei etwa 2,1*10-18 , das ist über Faktor 1000 besser, als der aktuelle Standard einer Cäsium-Fontäne. Vorher hatten schon japanische Forscher von RIKEN dieses Präzisionslevel mit optischen Strontium-Uhren erreicht und in Nature Photonics darüber berichtet. Auch in Deutschland, Großbritannien, Kanada, Österreich und China wird an optischen Uhren geforscht.

Während die bisherigen Cäsium-Uhren mit vergleichsweise geruhsamen Takt von rund 9,2 GHz (exakt 9192631770 Hz) arbeiten, kommen die Strontium-87-Atome in einem 0,03 mal 0,03 Millimeter großen optischen Gitter aus Laserlicht auf 430 THz (genau: 429228004229874 +-1Hz). Die Schwingungsfrequenz wird mit Hilfe eines Lasers und des sogenannten Frequenzkamms hochpräsize auf ein elektrisches Signal übertragen. Diese Technik wurde 1998 am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching erfunden, Prof. Theodor W. Hänsch erhielt dafür 2005 den Nobelpreis für Physik.

Um die störende Schwarzkörperstrahlung zu minimieren, werden (zumindest die japanischen) Uhren üblicherweise in Container gepackt, und auf -180°C abgekühlt. Ansonsten kann die Uhr aber bei normaler Raumtemperatur arbeiten, berichtete jetzt Gruppenleiter Jun Ye in einer NIST-Mitteilung.

Die Uhr geht so genau, dass sie bereits kleine Zeitunterschiede im Schwerefeld der Erde nachweisen kann. Nach Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie verläuft die Zeit schneller bei geringerer Gravitation, also mit wachsender Höhe über dem Erdboden. Das muss unter anderem bei der Satellitennavigation berücksichtigt werden. Die Strontium-Gitter-Uhr ist so genau, dass sie jetzt bereits einen Unterschied messen kann, wenn sie um lediglich zwei Zentimeter angehoben wird. Damit könnten geologische Prozesse etwa Erdbeben genauer erforscht werden. Auch eine neue Form der Landvermessung wird möglich. "Ich glaube, wir nähern uns der Nutzbarkeit für relativistische Geodäsie" betonte Ye. (Mit Material von dpa) /

(as)