Gericht rügt BaFin: Bitcoin-Handel ist nicht strafbar

Eine Regelung der BaFin, wie Bitcoin rechtlich einzustufen sei, ersetzt bislang klare Gesetze. Das Berliner Kammergericht fegt das mit einem Urteil vom Tisch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 88 Kommentare lesen
Bitcoin

(Bild: dpa / Jens Kalaene)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der gewerbsmäßige Handel mit Bitcoin ohne behördliche Erlaubnis ist nicht strafbar, weil Bitcoin kein Finanzinstrument im Sinne des Kreditwirtschaftsgesetzes (KWG) sei. Das hat das Kammergericht Berlin in einer Strafsache gegen den Betreiber der nicht mehr existenten Bitcoinbörse Bitcoin-24 entschieden (Urteil vom 25.09.2018, Az 161 Ss 28/18). Zugleich argumentierten die Richter, dass die BaFin mit ihrer 2013 erteilten Einstufung des Bitcoins als Rechnungseinheit nach KWG zu weit gegangen sei. Die Behörde habe damit "den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich“ überspannt. Das Berliner Kammergericht entspricht den Oberlandesgerichten der anderen Bundesländer.

Zuvor hatte das Amtsgericht Tiergarten den Betreiber der Bitcoin-Börse noch im Februar 2016 zu einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das KWG verurteilt. Nach eingelegter Berufung hatte ihn das Landgericht Berlin freigesprochen; bereits hier war das Gericht nicht mehr von einer Erlaubnispflicht ausgegangen, weil Bitcoin nicht vom KWG erfasst werde. Eine Berufung der Staatsanwaltschaft gegen dieses Landgerichtsurteil schmetterte das Kammergericht nun in seinem aktuellen Entscheid ab.

Die Richter setzten sich im Urteil auch eingehend damit auseinander, wie der Bitcoin eigentlich einzustufen wäre. Aufgrund der dezentralen Natur, bei der die Einheiten ausschließlich in einem Nutzer-zu-Nutzer-Netzwerk erzeugt, verwaltet und transferiert werden, passt aber nach Ansicht des Gerichts keiner der Rechtsbegriffe. "Es handelt sich um keine Währung und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung geschuldeter Leistungen akzeptiert wird“, lautet der Befund. Auch von einer Rechnungseinheit oder E-Geld sei nicht auszugehen.

Mit ihrer Einstufung als Rechnungseinheit habe die BaFin verkannt, dass es nicht Aufgabe der Bundesbehörden ist, rechtsgestaltend in Strafgesetze einzugreifen, führen die Richter weiter aus. Die "Erweiterungen der Voraussetzungen für das Vorliegen erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen“ obliege nicht der ausführenden Gewalt, zu der eben auch die BaFin gehört. Das sei allein Aufgabe des Gesetzgebers.

Heißt das nun, dass dieses Urteil die Pforte zum Krypto-Eldorado aufgestoßen hat, in dem jeder nach Belieben Handelsplattformen betreiben kann? Die BaFin ist von dem Urteil offenbar nicht beeindruckt – auf Anfrage erklärte die Behörde: "Es handelt sich bei der Entscheidung des Kammergerichts Berlin um eine Einzelfallentscheidung im Strafrecht. Das Verwaltungsrecht bleibt davon unberührt. Der Erlaubnisvorbehalt bleibt somit bestehen, die Verwaltungspraxis der BaFin ändert sich nicht.“ Die BaFin scheint also weder von ihrer Einschätzung abrücken zu wollen noch von der Praxis, Plattformen ohne Erlaubnis aufs Korn zu nehmen. Ob entsprechende Unterlassungsverfügungen aber rechtlich nach diesem Urteil weiterhin gut durchsetzbar sind, ist offen.

Letztlich bleibt vor allem ein großes Fragezeichen mangels klarer Gesetzgebung zurück. Anka Hakert, Rechtsanwältin und Expertin für Kryptogeldbesteuerung, sieht im Urteil daher in erster Linie ein Signal in Richtung Gesetzgeber, endlich Klarheit zu schaffen. "Es fehlen nach wie vor spezielle gesetzliche Regelungen zu Kryptowährungen. Seit Jahren sind die Berater gezwungen, Aktivitäten in diesem Bereich regulatorisch und steuerrechtlich anhand der bestehenden Gesetze zu beurteilen, obwohl Kryptowährungen eine ganz neue Qualität haben und eigenständig beurteilt werden müssten“, kritisiert Hakert.

Oliver Flaskämper, Chef der deutschen Kryptogeld-Handelsplattform Bitcoin.de, sieht das Urteil eher entspannt. Seiner Ansicht nach wird die Politik schnell tätig werden und Kryptowährungen mit in das KWG aufnehmen. "An einem unregulierten Wildwuchs mit Kryptowährungen hat in den Ministerien und Behörden niemand ein Interesse“, betont Flaskämper. Bitcoin.de ist bereits 2013 eine Partnerschaft mit der Online-Bank Fidor eingegangen, um sich regulatorisch abzusichern. Er betonte, dass Regulierung auch nichts Negatives sei, da sie Sicherheit für die Kunden der Anbieter schaffe. (axk)