Gescheiterter .org-Registry-Verkauf: Fallout eines Debakels

Vorerst bleibt die .org-Registry in der Hand der Internet Society. Kritiker debattieren nun, ob es bessere Alternativen für den Betrieb gibt.

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Gescheiterter .org-Registry-Verkauf: Fallout eines Debakels

(Bild: alphaspirit/Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert

Nach der Absage des milliardenschweren Verkaufs der .org-Registry an die Beteiligungsgesellschaft Ethos Capital treten einige Kritiker nach und fordern eine Neuausschreibung. Internet Society (ISOC) und Ethos nennen die Entscheidung des ICANN-Vorstandes einen Tabubruch, mit dem sich die ICANN zum leicht beeinflussbaren Regulierer aufgeschwungen habe.

Ethos Capital spricht in seinem Statement zur Entscheidung des ICANN-Vorstandes von einem "gefährlichen Präzedenzfall". Auch künftige Transfers könnten von der ICANN allein wegen des Drucks von Interessengruppen gestoppt werden, mahnt der Investor. Der Umstand, dass sich die ICANN die Rolle eines Regulierers anmaße, werde künftigen Investitionen in der Domain-Industrie die Luft nehmen. Ob sich Ethos der Entscheidung unterwirft, lässt das Unternehmen vorerst offen: "Ethos prüft derzeit seine Möglichkeiten."

Die von der Electronic Frontier Foundation (EFF) angeführte Savedotorg-Kampagne feierte die Entscheidung hingegen als "Sieg“ und forderte eine Neuausschreibung. Da die Internet Society durch den geplanten Verkauf angezeigt habe, dass sie die Rolle des "Treuhänders" für die .org-Gemeinde nicht mehr haben wolle, müsse die ICANN jetzt in einem offenen Verfahren einen neuen Betreiber finden, schreibt die EFF. Auch die unter anderem von Esther Dyson mit ins Leben gerufene Initiative Cooperative Corporation for .org Registrants (CCOR) stößt in dieses Horn. Die Gefahr für .org sei noch nicht gebannt, vielmehr müsse .org künftig von den Stakeholdern selbst gemanagt werden, heißt es in der Erklärung von CCOR.

Doch dafür gibt es laut Experten wie Milton Mueller vom Internet Governance Project am Georgia Institute of Technology keine rechtliche Grundlage. Noch sieben Jahre laufe der Vertrag, der die ICANN an die ISOC und Public Interest Registry (PIR) als Betreiber von .org binde. Überdies sei eine automatische Erneuerung vertraglich vorgesehen, wenn ISOC und PIR sich nichts Vertragswidriges zu Schulden kommen lassen. Für Mueller gibt es "keine Gewinner" bei der Absage der ICANN. Vielmehr hätten die .org-Inhaber die Chance verpasst, durch die Neuverhandlungen bessere Bedingungen für sich durchzudrücken. Gegen echte Mitsprache der .org-Inhaber hatte sich allerdings Ethos auch gewehrt.

Der Vorsitzende der internationalen ISOC, Andrew Sullivan, unterstreicht in seiner Reaktion: "Weder PIR noch irgendeine seiner Geschäftsbereiche stehen jetzt noch zum Verkauf und die Internet Society wird jedem diesbezüglichen Ansinnen entschieden entgegentreten.“ Laut Sullivan ist gerade der Einstieg der ICANN ins Geschäft der Regulierer Anlass für seine Organisation, den Betrieb von .org selbst weiterzuführen.

Die ISOC hatte die Schärfe der Reaktionen auf den geplanten Verkauf unterschätzt und ist nun, gemeinsam mit PIR, um Schadensbegrenzung bemüht. Klar ist allerdings auch, ohne die Einnahmen von PIR und ohne Verkaufserlös und Stiftung könnten viele der Programme der ISOC, von Unterstützung für mehr Verschlüsselung im Netz und für die Arbeit der Standardisierung, nicht mehr fortgeführt werden.

(olb)