Handelskonflikt in Ostasien: Streit zwischen Südkorea und Japan vor Zuspitzung

Seit Wochen liefern sich Südkorea und Japan einen Handelsstreit, der vor allem die IT-Industrie betrifft. Ende der Woche droht eine weitere Verschärfung.

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Handelskonflikt in Ostasien: Streit zwischen Südkorea und Japan vor Zuspitzung

(Bild: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com)

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In einem seit Wochen ausgetragenen Konflikt zwischen Südkorea und Japan bereiten sich beide Industrienationen auf eine weitere Zuspitzung vor. Japanische Medien gehen davon aus, dass die Regierung ihres Landes am Freitag beschließen dürfte, Südkorea von einer "weißen Liste" zu streichen, auf der jene Staaten stehen, in die rüstungsrelevante Güter ohne weitere Kontrollen geliefert werden dürfen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. In Südkorea sei bereits gewarnt worden, dieser Schritt würde die "ökonomische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit untergraben".

Begonnen hatte der Handelskonflikt als die japanische Regierung am 1. Juli Beschränkungen beim Export von fluorierten Polyimiden, Fotolacken und Fluorwasserstoff nach Südkorea eingeführt hatte. Diese Materialien sind für die Herstellung von Computer-Chips, Displays und andere High-Tech-Produkte nötig, Japan stellt zwischen 70 und 90 Prozent davon her, erklärt Reuters. Wollen japanische Unternehmen diese Stoffe nach Südkorea verkaufen, müssen sie dafür jeweils nun eine Lizenz erwerben. Dafür gebe es eine Frist von jeweils 90 Tagen. Wird die Erlaubnis verweigert, wäre das de facto ein Embargo, Japan könnte den Handel aber auch einfach weiterlaufen lassen.

Japan hatte die Beschränkungen mit unzureichenden Kontrollen in Südkorea begründet und damit angedeutet, dass derartige Materialien von dort nach Nordkorea gelangt seien, auch wenn diese Deutung offiziell zurückgewiesen wurde. Der wahre Grund ist aber wohl sowieso Japans Ärger über ein Urteil des südkoreanischen obersten Gerichtshofs, das große japanische Konzerne zu Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg verpflichtet. Auch wenn die Summen für die Unternehmen zu verkraften wären, hält Japans Regierung das Urteil für einen Bruch des Grundlagenvertrags, mit dem das Land und seine ehemalige Kolonie 1965 ihre Beziehungen normalisiert hatten.

Angesichts des aktuellen Handelskonflikts zwischen den USA und China hat der Streit zwischen den beiden ostasiatischen Industrienationen das Potenzial die komplexen Lieferketten und Handelsbeziehungen der globalen IT-Industrie weiter zu stören. In Südkorea könnte es vor allem Samsung und den Halbleiterhersteller SK Hynix treffen. Sollte Südkorea tatsächlich von der "weißen Liste" gestrichen werden, könnten die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf "nicht zu kontrollierende Stufen" absinken, drohte Südkoreas Außenministerin Kang Kyung-wha.

Bereits jetzt hat der Streit handfeste Auswirkungen: Viele Südkoreaner boykottieren japanische Produkte und einige Tankstellen hatten sich sogar geweigert, Autobesitzer zu bedienen, die japanische Autos fahren, berichtet die Korea Times. Supermärkte nehmen japanische Produkte aus den Regalen, deren Verkaufszahlen aber sowieso einbrechen. Bestimmte Dienstleister bieten satte Rabatte, wenn Kunden nachweisen, dass sie eine Reise nach Japan abgesagt haben. Der Zeitung Hankyoreh zufolge hatte mit "Butt Detective the Movie" sogar die Verfilmung eines kuriosen Kinderbuchhelden aus Japan einen überraschend schlechten Kinostart in Südkorea. (mho)