Kanada verbrennt Erdgas für Bitcoins – bis es zu heiß wird

Seite 2: Bitcoins made in BC

Inhaltsverzeichnis

Auch in Britisch-Kolumbien wird fleißig in Schürf-Anlagen investiert. Die Cryptogazette berichtet über ein Projekt in Ocean Falls. Das Dorf liegt an der Pazifikküste und ist auf dem Landweg nicht erreichbar. Es verfügt über ein Wasserkraftwerk, das für ein nicht mehr betriebenes Sägewerk errichtet wurde. Eine Anbindung an das überregionale Stromnetz gibt es nicht, so dass in dem Dorf seit Juli ein Rechenzentrum Kryptogeld schürft.

Unbestätigten Informationen zufolge zahlen die Betreiber weniger als 2,7 Eurocent pro Kilowattstunde. Die dafür verfügbare Leistung des Wasserkraftwerks liegt aber im einstelligen Kilowatt-Bereich. Andere ehemalige Sägewerke bekommen ebenfalls zahlreiche Anfragen.

In Revelstoke sorgt hingegen ein klassisches Großwasserkraftwerk (bis zu 2,48 Gigawatt) für Zukunftsphantasien. Die Zeitung Revelstoke Mountaineer berichtete im April von Vorbereitungen für eine Krypto-Anlage mit zunächst 100 Megawatt, die in Zukunft auf 1 Gigawatt ausgebaut werden könnte. Und in Castlegar hat sich ein Schürfer sogar selbst das notwendige Umspannwerk gebaut, um ein halbes Jahr früher schürfen zu können.

Gekippt ist die Stimmung unterdessen in Manitoba und Quebec. Waren Schürfer dort zunächst ebenfalls willkommen, wehren sich die Stromversorger inzwischen. Die Nachfrage nach Strom für die – für sich genommen sinnfreien – Berechnungen droht die Leistungsfähigkeit des Stromsystems zu übersteigen.

Der wichtigste Stromversorger Quebecs, Hydro-Québec, lehnt seit März Anträge auf neue Stromanschlüsse für Krypto-Schürfer ab. Es stapeln sich hunderte unbearbeitete Anträge. Bereits im Juli sollen sich diese Anträge auf insgesamt nicht weniger als 18 Gigawatt summiert haben. Das entspricht mehr als 40 Prozent der gesamten Stromerzeugungskapazität Hydro-Québecs.

Bei der Energie-Regulierungsbehörde Quebecs läuft ein umfangreiches Verfahren, bei dem nach einem Ausweg gesucht wird. Die Provinz möchte durchaus Rechenzentren ansiedeln, aber eben keine Krypto-Schürfer. Die haben die Hoffnung auf billigen Strom noch nicht begraben.

Derzeit gilt eine Zwischenlösung: Alle Betreiber, die vor dem 6. Juni einen Vertrag geschlossen haben, erhalten den darin vereinbarten Billigtarif. Das macht in Summe 100 bis 150 Megawatt aus. Alle anderen müssten den dreifachen Tarif bezahlen, was ihr wirtschaftlicher Ruin wäre. Die rasante Rechnerei hat nur dann Aussicht auf Gewinn, wenn der Strom wirklich billig ist. (ds)