Kritik und Zustimmung für Neonazidatei

Die Polizeigewerkschaften wollen abwarten, ob die Datei im alltäglichen Einsatz praxistauglich ist. Die Linke meint, sie sei nutzlos, solange die "unsägliche V-Leute-Praxis" beibehalten werde.

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Von
  • Detlef Borchers

Die von Bundesinnenminister Friedrich am Mittwoch in Betrieb genommene Verbunddatei Rechtsextremismus (RED) stößt auf geteiltes Echo. Bundesdatenschützer Peter Schaar betonte gegenüber MDR Info, dass er die Rechtsextremismusdatei nicht ablehne. Die "informatorische Verschmelzung" von Polizei und Verfassungsschutz müsse jedoch kritisch betrachtet werden, zumal es nicht Aufgabe der Polizei sei, Gesinnungen zu prüfen.

Aktuell soll die neue Verbunddatei über 9000 Einträge haben und auf 20.000 Datensätze beschränkt sein, wurde zur Präsentation der verschiedenen Abfragebildschirme erklärt. Ob sie für die Polizei nützlich ist, werde sich "aber erst im Arbeitsalltag bei der Beobachtung und Aufklärung auch dezentral agierender rechtsextremer Kleingruppierungen erweisen", meinte Bernhard Witthaut von der Gewerkschaft der Polizei. Sein Pendant Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft begrüßte die Datenbank.

Dagegen kritisierte der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) das Neo-Nazi-Register als unzureichend. Es müssten nicht nur Personenangaben, sondern auch alle Organisationsdelikte wie die Teilnahme an gewalttätigen Demonstrationen gespeichert werden, damit effizient ermittelt werden könne. Die überraschende Verlängerung der Amtszeit von Jörg Ziercke beim Bundeskriminalamt wurde hingegen vom BDK begrüßt.

Für die CDU erklärte Innenpolitiker Wolfgang Bosbach gegenüber der Tagesschau, es dürfe kein Lagerdenken mehr geben im Stil von "mein Tatort, meine Zuständigkeit, mein Fall, ich weiß etwas, das Du nicht weißt". Kritisch äußerte sich Petra Pau von der Fraktion die Linke: Der Name Verbunddatei klinge gut, besage aber gar nichts, da die entscheidenden Störquellen nicht ausgeschaltet würden. "Die erste ist die unsägliche V-Leute-Praxis, bei der Nazis für Geld oder Vergünstigungen über Nazis plaudern sollen. Die zweite ist die Geheimtuerei der Verfassungsschützer, die gern im Trüben fischen und das Licht meiden."

Die von Innenminister Friedrich zur Vorstellung der Verbunddatei begründete Ablehnung, alle V-Leute in die Datei aufzunehmen, hält der SPD-Politiker Sebastian Edathy für "völlig aberwitzig". Edathy, Vorsitzender des parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschusses, meinte gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, dass für das V-Leute-System ebenfalls eine behördenübergreifende Datei angelegt werden müsse. Dagegen hatte Friedrich angeführt, dass es ausreichend sei, wenn ein V-Mann-Führer in der Rechtsextremismus-Datei nachschaue, ob über seinen V-Mann Erkenntnisse vorliegen.

Bereits vor dem Start von RED hatte Sven Lüders, Geschäftsführer der Humanistischen Union, die Verbunddatei als "hastig erstellte Kopie der Antiterror-Datei" bezeichnet. Ihr Zweck sei einzig und allein, die Aufhebung des Trennungsgebotes von Polizei und Geheimdiensten weiter voranzutreiben. (anw)