Löschanlagen-Ton zerstört Festplatten in schwedischem Rechenzentrum

Der extrem laute Ton einer Gaslöschanlage hat in einem Rechenzentrum in Schweden zahlreiche Festplatten beschädigt. Der Börsenhandel in Skandinavien war deshalb stundenlang beeinträchtigt.

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Rechenzentrum

(Bild: dpa, Martial Trezzini)

Lesezeit: 2 Min.

In einem schwedischen Rechenzentrum hat der Ton der Düsen einer aktivierten Gaslöschanlage zahlreiche Festplatten in Servern zerstört. Der Vorfall soll sich am vergangenen Mittwoch nachts beim Betreiber Digiplex ereignet haben, betroffen waren gehostete System der Börsenplattform Nasdaq Nordic sowie zweier skandinavischer Banken. Davon berichtet die Website Bleeping Computer.

Laut Bericht beeinträchtigte der Ausfall den Beginn des Nasdaq-Börsenhandels in mehreren skandinavischen und baltischen Staaten (außer in Norwegen) bis etwa 14 Uhr am Mittwoch, als man schließlich ein Backup-System hochgefahren hatte. Da es in Schweden nicht genügend Server gegeben haben soll, um die defekten Geräte zu ersetzen, musste man kurzerhand Hardware per Flugzeug herbeischaffen – die soll bis zum heutigen Montag in Betrieb genommen sein. Digiplex betreibt ein etwa 20.000 Quadratmeter großes Rechenzentrum nahe Stockholm.

Bei einem vergleichbaren Vorfall in einem rumänischen Rechenzentrum der ING-Bank 2016 hatte der Ton das Schallmesssystem mit mehr als 130 dB ausgereizt und zahlreiche Festplatten zerstört.

Da das Löschen eines Brandes in einem Rechenzentrum mit Wasser oder Schaum kontraproduktiv wäre, wird üblicherweise ein gas-basiertes Löschsystem eingebaut, das das Feuer erstickt (mit Kohlendioxid, Stickstoff, Argon oder chemischen Löschgasen; siehe auch Inertgas-Löschanlage), indem der Sauerstoffanteil in der Luft sinkt und so die Hardware samt Daten keinen Schaden nimmt. Damit das Gas schnell freigesetzt werden kann, steht es meist in Zylindern unter hohem Druck bereit.

Beim Austritt kann jedoch ein sehr lauter Ton entstehen, dessen Druckwelle die Festplattengehäuse verformt – angesichts der Kombination aus extrem dicht gepackten Magnetpartikeln zum Speichern der Daten und dem äußerst geringen Abstand des Schreib-/Lesekopfes über den rotierenden Scheiben können die Auswirkungen fatal sein.

Ein SUN-Mitarbeiter war 2008 auf das Phänomen aufmerksam geworden, als er herausfand, dass die hohe I/O-Latenz bei einer bestimmten Festplatte auf Vibration wegen einer fehlenden Gehäuseschraube zurückzuführen war. In einem Video schreit er ein Storage-System in einem Rechenzentrum an, und eine Monitoringsoftware zeigt bei jedem Schrei eine gestiegene I/O-Latenz. In seinem (nur noch bei archive.org einsehbaren) Blogbeitrag dazu resümiert er: "Don't try this yourself..."

(tiw)