Marrakesch-Vertrag: EU-Staaten geben grünes Licht für Urheberrechtsreform für Blinde
Der EU-Rat hat den Weg dafür freigemacht, dass die Mitgliedsländer den Vertrag von Marrakesch für Urheberrechtsausnahmen für Blinde ratifizieren und umsetzen können. Die große Koalition will dies rasch über die Bühne bringen.
Nach einigen Verzögerungen steht nun endgültig fest: Blinde, Sehbehinderte und Personen mit anderweitigen Leseproblemen werden in den EU-Staaten bald einen leichteren Zugang zu geschützten Werken wie Büchern erhalten. Der EU-Rat hat dazu am Donnerstag einen bereits im Oktober skizzierten Beschluss gefasst, womit er der Ratifizierung des Vertrags von Marrakesch zustimmt. Die Mitgliedsländer können diesen damit nun vom Sommer an umsetzen und dafür nationale Regeln verabschieden.
Beseitigung diskriminierender Barrieren
Die bereits im Juni 2013 getroffene und im September 2016 in Kraft getretene internationale Übereinkunft soll Blindenorganisationen vor allem die grenzüberschreitende Weitergabe und Reproduktion geschützter Werke wie Bücher oder Zeitschriften in Formaten erlauben, die für Blinde und Sehbehinderte barrierefrei zugänglich sind. Die EU-Gremien hatten sich im Mai darauf verständigt, dass und in welcher Form der Vertrag ratifiziert werden soll. Das EU-Parlament befürwortete den Kompromiss im Juli, die Drahtzieher im Ministerrat bestätigten den Plan prinzipiell kurz darauf. Bislang fehlte aber die offizielle Freigabe des Gremiums für gesetzgeberische Aktivitäten der Mitgliedsstaaten.
Der europäische Rahmen gestattet es Bibliotheken und Blindenorganisationen, Braille- oder Hörversionen geschützter Werke anzufertigen und teils auch grenzüberschreitend in der EU sowie an Drittländer zu versenden, die den Vertrag ebenfalls beigetreten sind.
"Zügige Umsetzung" in Deutschland
Der amtierende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte im Sommer schon angekündigt, die hierzulande bereits bestehenden Regeln zugunsten von Menschen mit Behinderungen und die damit verknüpfte "Blindenschranke" im Einklang mit den neuen Vorgaben etwa durch eine Klausel zur Online-Nutzung ausweiten zu wollen. Umstritten ist noch, ob und in welcher Höhe hierzulande "angemessene Ausgleichszahlungen" für die Verlage vorgesehen werden sollen. Die geplante Neuauflage des schwarz-roten Regierungsbündnisses streift das Thema im Entwurf für einen Koalitionsvertrag nur kurz. Darin heißt es: "Den Vertrag von Marrakesch zugunsten blinder und sehbehinderter Menschen setzen wir zügig um." (mho)