Mehr als ein HiFi-Pionier: Zum Tode von Sidney Harman

Er war Pionier der HiFi-Welt, stellvertretender US-Handelsminister und versuchte sich mit 92 Jahren als Medienunternehmer. Wenige Monate, nachdem Sidney Harman die US-Zeitschrift "Newsweek" gekauft und mit "The Daily Beast" verschmolzen hat, starb er.

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Von
  • Daniel Schnettler
  • dpa

Ohne ihn würde die Welt schlechter klingen: Sidney Harman baute zusammen mit seinem Kompagnon Bernard Kardon in den 1950er-Jahren die ersten Stereoanlagen, die das Qualitätssiegel HiFi verdienten. Zum ersten Mal erklang Musik im heimischen Wohnzimmer in einer Qualität, die sonst nur aus großen Aufnahmestudios bekannt war. Im Alter von 92 Jahren ist Sidney Harman gestorben.

Harman erlag in der Nacht zum Mittwoch einem Leukämie-Leiden, wie seine Familie mitteilte. Erst vor einem Monat habe er von seiner Krankheit erfahren, heißt es in der kurzen Mitteilung, die die Internet-Publikation The Daily Beast veröffentlichte. Hinter der bekannten US-Website steckte niemand geringeres als Sidney Harman selbst. Es war sein letztes großes Abenteuer.

Mit Journalismus hatte Harman dabei eigentlich nicht wirklich was am Hut. Seine Lorbeeren hatte er sich in der HiFi-Welt verdient. Er gründete 1953 mit seinem Geschäftspartner und Freund Bernard Kardon das Unternehmen Harman Kardon. Mit einem Startkapital von 10.000 Dollar entwickelten die beiden Männer Musikanlagen, die das Radiohören zum Genuss machten. Das erste Modell Festival D-1000 wurde legendär.

"Seine Stereoanlage war ein Megahit – das iPad jener Tage", schwärmt der Kolumnist von The Daily Beast, Jonathan Alter, in seinem Nachruf. "Rauschen wurde eine Sache der Vergangenheit." Zum heutigen Konzern Harman International gehören weitere bekannte Audiomarken wie JBL oder AKG. Auch den deutschen Autoradiospezialisten Becker hatte sich Harman zwischenzeitlich einverleibt. Im Laufe der Zeit hatte Sidney Harman das Unternehmen mehrfach verkauft und anschließend wieder zurückgekauft. So Ende der 1970er-Jahre, als er dem Ruf des frisch gewählten US-Präsidenten Jimmy Carter folgte und stellvertretender Handelsminister wurde. Zuletzt hielt Harman nur noch einen kleinen Anteil an der Firma. Der Konzern ist längst an der Börse notiert.

2008 gab Sidney Harman im Alter von 89 Jahren seinen Posten als Verwaltungsratschef auf. Im vergangenen Jahr kaufte er dann überraschend das schwer angeschlagene Traditionsmagazin Newsweek und fusionierte es anschließend mit der aufstrebenden Internet-Publikation The Daily Beast. Harman mischte sich dabei auch ins Tagesgeschäft ein. "Er hat mir erst letzte Woche erzählt, dass das Magazin auf dem Weg war, Gewinn zu machen", schrieb Kolumnist Alter. Sein Tod sei ein Schock für alle gewesen.

Harman galt als fit und liebte das gute Leben, wie das US-Magazin Forbes vor einiger Zeit mit einem Augenzwinkern feststellte. Er habe schicke Anwesen in Los Angeles und Washington gehabt, sei mit seinem Jet herumgeflogen, habe für den guten Zweck gespendet und sich in die Politik eingemischt. "Er war 92 und erwartete, über 100 zu werden", schrieb Kolumnist Alter. "Wir alle glaubten ihm." ()