Menschenrechtsgerichtshof bestätigt deutsches Verbot anonymer Handykarten

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hält den Identifizierungszwang beim Kauf von Prepaid-Mobilfunkkarten für vereinbar mit den Grundrechten.

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Menschengerichtshof bestätigt deutsches Verbot anonymer Handykarten

(Bild: Foxy burrow/Shutterstock.com)

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In Deutschland müssen Mobilfunkanbieter weiterhin auch beim Verkauf vorausbezahlter Karten persönliche Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum ihrer Kunden erheben. Diese 2004 mit einer Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) eingeführte Pflicht, verletzt laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht den Artikel 8 zum Schutz der Privatsphäre der europäischen Grundrechtecharta.

Mit dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil ist das Straßburger Gericht einer Beschwerde der Juristen Patrick und Jonas Breyer von 2012 letztlich nicht nachgekommen. Die Kläger hatten angeführt, dass Anonymität essenziell sei etwa "für Presseinformanten, für die anonyme Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet und für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste". Viele EU-Staaten verfolgten Straftaten erfolgreich auch ohne ein "Generalverbot anonymer Handykarten", das Kriminelle zudem leicht durch Strohmänner oder Käufe im Ausland umgehen könnten.

In der sechs zu eins ergangenen Entscheidung konstatiert der EGMR dagegen, dass der deutsche Gesetzgeber letztlich seinen Spielraum beim Schutz der nationalen Sicherheit sowie im Kampf gegen Verbrechen nicht überschritten habe. Die Bundesregierung habe erfolgreich dargelegt, dass die vorgeschriebene Datenspeicherung verhältnismäßig und "notwendig in einer demokratischen Gesellschaft" sei. Das Gesetz verfüge über zusätzliche Verfahrenssicherungen, da sich Betroffene etwa an unabhängige Datenschutzbehörden wenden oder den Rechtsweg beschreiten könnten.

Den mit der Maßnahme verbundenen Eingriff in die Grundrechte bezeichnen die Richter als "begrenzt, wenn auch nicht trivial". Die Speicherdauer der Daten sei nicht unangemessen, da die Informationen offenbar nur genutzt würden, um die Kunden der Prepaid-SIM-Karten zu identifizieren. Der Abruf von Bestandsdaten wie Name und Adresse werde durch das Instrument zwar sehr stark vereinfacht, die Zugriffsberechtigten würden aber aufgelistet und hätten alle mit der Strafverfolgung oder dem Schutz der nationalen Sicherheit zu tun. Dass die Bestandsdatenauskunft etwa auch bei Ordnungswidrigkeiten prinzipiell zulässig ist und deutlich ausgeweitet werden soll, thematisiert der EGMR nicht.

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer sprach angesichts der Niederlage von einem "schwarzen Tag" etwa für Whistleblower, politische Aktivisten und "beratungssuchende Menschen in Not, die ohne den Schutz der Anonymität oftmals verstummen". Nur der Liechtensteiner Richter Carlo Ranzoni habe in seiner abweichenden Meinung dargelegt, dass der Staat anhand der Identität von Nutzern "unsere private Kommunikation und Bewegungen" ausspionieren könne. Eine Beschwerde Breyers beim Bundesverfassungsgericht gegen die 2016 zusätzlich eingeführte Ausweispflicht beim Kauf von Handykarten ist noch anhängig. Die älteren, nun auch vom EGMR überprüften Regeln zu Prepaid-Produkten hatten die Karlsruher Richter durchgehen lassen. (mho)