Neues System für Hörhilfen wertet zur Entwirrung von Stimmen Hirnsignale aus
Wer ein Hörgerät trägt, versteht oft nicht viel, wenn mehrere Personen gleichzeitig sprechen. Die Auswertung von Hirnsignalen soll hier Besserung bringen.
- Sascha Mattke
Für Menschen mit normalem Gehör ist es kein großes Problem, sich trotz Ablenkung durch Hintergrundgeräusche und andere Sprecher auf eine bestimmte Stimme zu konzentrieren. Wer dagegen ein Hörgerät braucht, ist damit oft überfordert, weil es alle Laute gleichermaßen verstärkt. Ein von Forschern an der Columbia University entwickeltes System könnte jetzt Besserung bringen: Es wertet Signale aus dem auditorischen Kortex aus, um festzustellen, welche Stimme der Benutzer hören möchte, und verstärkt dann nur diese. Das berichtet Technology Review online in „Hörgerät soll Stimmen entwirren“.
Wenn sich das Gehirn auf unterschiedliche Stimmen konzentriert, generiert es elektrische Signaturen jedes Sprechers, die sich auswerten lassen. Beim derzeitigen Entwicklungsstand müssen dafür noch Elektroden in das Hirn eingesetzt werden, mit verringerter Genauigkeit würden laut den Forschern aber auch Sensoren im oder auf dem Ohr ausreichen. Ein Algorithmus für Deep Learning wurde von ihnen darauf trainiert, die beste Übereinstimmung zwischen der gewünschten Signatur und denen der unterschiedlichen sprechenden Personen in einem Raum zu ermitteln. Anschließend wird die am besten passende Stimme verstärkt, was dem Zuhörer hilft, sich darauf zu konzentrieren.
Ein Problem ist die Zeitverzögerung. Diese beträgt nur ein paar Sekunden, könnte aber trotzdem darauf hinauslaufen, dass man den Anfang eines Satzes verpasst, sagt Nima Mesgarani vom Neural Acoustic Processing Lab der Columbia University, einer der Autoren des Fachaufsatzes. Hier besteht ein Zielkonflikt zwischen Genauigkeit und dem Tempo beim Fokussieren auf einen bestimmten Sprecher, erklärt er. Mit anderen Worten: Je länger das System zuhören kann, desto treffsicherer wird es. An diesem Thema müsse noch geforscht werden, sagt Mesgarani. Trotzdem könnten derartige Geräte schon in fünf Jahren auf den Markt kommen.
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(sma)