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Raytracing mit Microsoft Excel: Hübsche Kugeln statt langweiliger Zahlen

Excel kann Raytracing: Wer sich vom lauen Büroalltag ablenken will, funktioniert Excel einfach in einen Raytracer um und guckt sich schattierte Kugeln an.

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Raytracing mit Microsoft Excel: Hübsche Kugeln statt langweiliger Zahlen

Raytracing in Excel

(Bild: heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Raytracing – wer dieses Wort hört, denkt üblicherweise an Computergrafik, Spiele und manchmal auch an Lederjacken. Doch ab sofort muss dem interessierten Publikum auch Excel ins Hirn schießen, denn ein findiger Programmierer hat Microsofts Tabellenverarbeitung just in einen Raytracer umfunktioniert. Und das ganz ohne RTX und Nvidia Turing.

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Nach dem Ausfüllen von "ein paar" Zeilen rendert Excel mehrere Kugeln, natürlich mit korrektem Schattenwurf. Mit den Cursortasten kann man sich sogar um die Kugeln herumbewegen und staunen, was mit Excel doch so alles möglich ist – zumindest, wenn man viel Zeit hat. Insgesamt rendert der Algorithmus 1200 Frames, was auf unserem Produktivsystem mit Ryzen 7 1700X (16 Threads) und 32 GByte Arbeitsspeicher rund eine halbe Stunde dauerte. Während der Wartezeit wird der Büroarbeiter durch Hitze und Krach bei Laune gehalten.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Der Programmierer und Youtuber s0lly hat sein Raytracing-Excelsheet auf Github zum Download bereit gestellt. Damit alles funktioniert, muss man die Zeile 24 im Tabellenblatt "Objects" (Zeile kopieren) in die Zeilen 25 bis 14405 kopieren (alle mit gedrückter Shift-Taste auswählen und dann per Rechtsklick einfügen). Folgend erscheinen im Tabellenblatt "Screen" einige beleuchtete Kugeln, deren Reflexionen mittels eines einfachen Raytracers in der voreingestellten Auflösung von 160 x 90 Bildpunkten aka Excel-Zellen berechnet – und die Zellen entsprechend in Graustufen eingefärbt – werden. Die dahinterliegenden Formeln beziehungsweise Werte kann man sich Zelle für Zelle anschauen. Per Microsoft Excel lässt sich also nachvollziehen, wie Raytracing tatsächlich funktioniert.

Das Raytracing-Verfahren folgt der natürlichen Ausbreitung des Lichts nach den Gesetzen der Strahlenoptik – allerdings in umgekehrter Richtung: Ausgehend vom Auge eines virtuellen Betrachters schickt es für jeden Bildpunkt einen "Sehstrahl" in die darzustellende Szene und berechnet, auf welches Objekt der Strahl zuerst trifft. Dieses Objekt ist also an dieser Stelle des Bildes sichtbar. Im Unterschied zu Rasterization projizieren Raytracer somit das Bildschirmraster auf die 3D-Szene – sind aber wesentlich anspruchsvoller.

Deshalb fangen Grafikchip-Hersteller nun langsam an, Raytracing-Funktionseinheiten in immer mehr GPUs zu integrieren. Nvidia hat mit den Turing-Grafikkarten der Serie RTX 2000 den Anfang gemacht, AMD folgt mit der kommenden GPU-Generation mit RDNA-2-Architektur. Derzeit gibt es nur wenige Spiele mit zuschaltbaren Raytracing-Effekten, etwa Battlefield V und Control. Angekündigt wurden im Rahmen der Gamescom noch ein paar, darunter auch ein Raytracing-Update für Minecraft.

Mit unerwarteten Funktionen konnte Microsofts Tabellenkalkulation übrigens schon früher punkten: In Excel 97 war seinerzeit ein kleiner Flugsimulator versteckt. Ob Microsoft sein Office-Programm noch weiter zur Gaming-Plattform aufbohren wird, bleibt abzuwarten. (mfi)