Roboterleistungsschau Elrob: Monsterroboter als Menschenretter

Am letzten Tag der diesjährigen Roboterleistungsschau sollten Roboter Puppen mit verschiedenem Gewicht finden.

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Roboterleistungsschau Elrob: Monsterroboter als Menschenretter

Der dieselgetriebene Roboter des Teams Brokk war mit Abstand der lauteste Teilnehmer dieses Wettbewerbs.

(Bild: heise online / Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Wenn einer der Teilnehmer der diesjährigen Roboterleistungsschau Elrob (European Land-Robot Trial) im belgischen Mons den Titel "monströs" verdient, dann ist es der Roboter SR-120D des Teams Brokk. Von den mit einem Manipulatorarm ausgestatteten Systemen, die am letzten Tag zum Szenario MedEvac antraten, war er nicht nur der größte, schwerste und kräftigste (in einer Turnierpause soll er mal eben ein herumliegendes Autowrack angehoben haben). Mit seinem laut dröhnenden Verbrennungsmotor dominierte er die Veranstaltung auch akustisch.

Im Szeanario MedEvac bestand die Aufgabe darin, innerhalb von 40 Minuten zwei Puppen zu finden – eine outdoor, eine indoor – und in einen sicheren Bereich zu transportieren. Die Teams konnten wählen, ob die Puppen 10, 40, 80 oder 100 Kilogramm schwer sein sollten. Brokk entschied sich natürlich für die Hunderter-Kategorie. Sehr systematisch, ohne unnötig Zeit zu verlieren, untersuchte der Roboter das Gelände, schaute mithilfe seines langen Arms in die Container und fand innerhalb von 40 Minuten beide Puppen. Die in einem Gebäude versteckte Puppe war schwieriger zu bergen, weil der Roboter zu groß war, um hineinzufahren. Er kam aber weit genug hinein, um die Puppe zu greifen, anzuheben und zum Startpunkt zu bringen.

Aufgrund dieser Transportmethode hätte eine verletzte Person sich in der Realität wahrscheinlich am liebsten von diesem Robotermonster retten lassen, denn alle anderen Roboter schleiften die Puppen über den Boden – sofern sie sie überhaupt rechtzeitig fanden. Das Team ELP verlor mit der Suche zunächst so viel Zeit, dass die am Ende verbleibenden Minuten nicht ausreichten, um die 40 kg schwere Puppe sicher zu greifen. Allerdings wurde dem Team für den Nachmittag ein zweiter Lauf eingeräumt, in dem es beide Puppen bergen konnte und sich damit hinter Brokk auf den zweiten Platz schob.

Das Team Taut hatte sich für die 10-kg-Kategorie entschieden, brauchte ebenfalls relativ lange für die Suche, konnte dann aber mithilfe des Roboterarms einen Karabinerhaken an der Puppe befestigen, die an der Außenwand eines Containers platziert worden war. Danach war es kein Problem mehr, den simulierten Verletzten an einem Kabel in Sicherheit zu ziehen.

Das Team FKIE/TNO arbeitete ebenfalls mit einem Haken. Nur fiel dieser dummerweise herunter, als der Roboter versuchte, eine Containertür zu schließen, die bei der Bergung des Opfers im Weg war. Es kostete wertvolle Zeit, den Haken wieder sicher genug zu greifen, um ihn an der Kleidung des Opfers befestigen zu können. Danach fuhr der Roboter mit der Puppe im Schlepptau dann so schnell in Richtung Startpunkt, dass es mehr an ein Strafritual als an eine Rettungsaktion erinnerte.

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Kurz vorm Ziel riss zudem der Haken ab. Da die Entfernung aber weniger als zehn Meter betrug, wurde dies trotzdem als Erfolg gewertet. Bei der Bergung der innerhalb eines Gebäudes/Containers versteckten Puppe musste der Roboter von FKIE/TNO dagegen passen – er war einfach zu groß für die Tür. Das daneben befindliche Garagentor, das er daraufhin öffnete, hätte zwar von der Breite her gereicht, wirkte aber hinsichtlich der Höhe sehr knapp. Die Zeit hätte für eine Bergung allerdings ohnehin nicht mehr gereicht.

An der gleichen Stelle war zuvor auch schon der Roboter Telemax plus des Teams Telerob gescheitert. Er kam zwar durch die Tür, konnte die 100 kg schwere Puppe aber nicht sicher genug greifen. Wie sehr diese Gewichtsklasse den Roboter fordert, war bereits bei der Bergung des ersten, im Außenbereich platzierten Opfers deutlich geworden: Die träge Masse zog die vorderen Antriebsketten des Roboters nach oben, sodass er umzukippen drohte. Doch es gelang ohne weitere Zwischenfälle, die Puppe in Sicherheit zu bringen. Auf einen zweiten Lauf am Nachmittag verzichtete Telerob und teilte sich am Ende mit FKIE/TNO den dritten Platz.

Eindrücke vom letzten Tag der Elrob 2018 (28 Bilder)

Der Roboter des Teams Taut begab sich als erster auf die Suche nach Verletzten… (Bild: heise online / Hans-Arthur Marsiske)

Im Unterschied zu den vorangegangenen Tagen lag das Leistungsniveau bei diesem Szenario auf einem Niveau, das mit früheren Jahren auf jeden Fall mithalten kann. Zudem boten einige spektakuläre und spannende Szenen genügend Unterhaltungswert, um der streckenweise doch eher enttäuschenden Veranstaltung einen versöhnlichen Abschluss zu ermöglichen.

In den kommenden Wochen und Monaten wird es gleichwohl Diskussionen geben müssen, wie der Elrob zukünftig wieder mehr Leben eingehaucht werden kann. Es gibt kaum einen Zweifel daran, dass eine Leistungsschau oder ein Wettbewerb grundsätzlich eine sehr wertvolles Werkzeug ist, den Leistungsstand der Technik zu erfassen, Defizite zu identifizieren und Anstöße für die weitere Entwicklung zu geben. Wenn aber die gezeigten Leistungen zu einem so großen Teil hinter den früher bereits erreichten Stand zurückfallen wie in diesem Jahr, ist das ein deutliches Zeichen, dass dieses Werkzeug noch nicht optimal justiert ist. (anw)