Robotik-Konferenz ICRA: Die Zukunft der Flugroboter - klein, intelligent und in Schwärmen

Egal, ob Drohnen Menschen anziehen oder Gaswolken vermessen sollen: Sie brauchen immer eine ordentliche Flugzeit. Die Energiedichte von Akkus ist aber gering.

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Robotik-Konferenz ICRA: Flugrobotern fehlt das "Fett"

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske
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Quadrocopter sind nichts Neues, die Technologie ist schon fast einhundert Jahre alt: Das erste Fluggerät mit vier senkrechten Rotoren wurde von George de Bothezat konstruiert und im Dezember 1922 erstmals erfolgreich getestet. Bei mehr als hundert Flugversuchen wurden mit bis zu fünf Personen an Bord Flugdauern bis zu 165 Sekunden erreicht. Die maximale Flughöhe lag etwas über neun Meter.

Vijay Kumar (University of Pennsylvania) erinnerte bei der Robotik-Konferenz ICRA (International Conference on Robotics and Automation) in Montréal an diese Pioniertat, als er in einem Plenarvortrag den Forschungsstand bei kleinen Flugrobotern (Micro Aerial Vehicles, abgekürzt: MAVs) skizzierte. Die Anfänge der unbemannt fliegenden Drohnen seien ähnlich holprig gewesen, sagte er. So seien die Roboter bei der ersten International Aerial Robotics Competition (IARC) im Jahr 1991 nicht einmal vom Boden weggekommen. Gut 20 Jahre später seien sie praktisch allgegenwärtig gewesen.

Kumar ist in diesem Forschungsgebiet eine Berühmtheit. Bereits vor neun Jahren sorgten Videoaufnahmen von aggressiven Flugmanövern aus seinem Labor für Aufsehen. Während die Drohnen damals noch über externe Sensoren (motion capture) und Computer gesteuert wurden, gelangen sieben Jahre später ähnliche Manöver bereits mit bordeigener Sensorik.

Und im vergangenen Jahr veröffentlichte das Vijay Kumar Lab Videos von Quadrocoptern, die sich in der Luft zu größeren Einheiten vereinigen.

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Dieses Schwarmverhalten illustriert zugleich eines der fünf "S", die Kumar zufolge die Entwicklung der kommenden zehn Jahre bestimmen werden: small, safe, smart, speed, swarms (klein, sicher, intelligent, schnell, Schwärme). Das Video vermittelt aber auch einen Eindruck von den Herausforderungen, die bewältigt werden müssen: So bleiben die ersten Versuche, die Drohnen in der Luft zu koppeln, erfolglos und führen zu Abstürzen.

Das Konferenzprogramm der ICRA bietet eine weitere Gelegenheit, einen Eindruck von dem Forschungsaufwand zu bekommen, der nötig ist, nicht nur um solche spektakulären Videos zu produzieren, sondern auch um konkrete Aufgaben zu lösen. So hat sich ein Forschungsteam der University of British Colombia und der École Polytechnique de Montréal mit der Frage beschäftigt, wie Drohnen einem Menschen beim Anziehen helfen können.

Als ersten Schritt in diese Richtung haben die Forscher um Ryan Cotsakis zunächst Algorithmen entwickelt, um einen Schwarm fliegender Roboter zu kontrollieren, die gemeinsam einen flexiblen, verformbaren Stoff, etwa ein Netz, transportieren. Getestet wurde das dezentralisierte Verfahren, bei dem sich die Roboter untereinander abstimmen, mit drei Crazyflie-Mikrodrohnen. In Absprache mit dem Modeprofessor Ying Gao (University of Quebec), der das Projekt angeregt hat, soll jetzt mit verschiedenen Stoffen und Stoffmustern experimentiert und die Interaktion mit menschlichen Nutzern untersucht werden. Bis es ein Video gibt, in dem ein Mensch von Drohnen angekleidet wird, dürfte es aber wohl noch einige Jahre dauern.

Michael Hutchinson und sein Team von der britischen Loughborough University wollen mithilfe von Drohnen die Verteilung von Gaswolken, etwa nach Chemieunfällen, erfassen. Hierfür haben sie einen Algorithmus entwickelt, um aus den Messungen an verschiedenen Orten und verschiedenen Zeitpunkten ein Modell der Wolke und ihrer Entwicklung abzuleiten.

Ziel solcher Beobachtungen ist es unter anderem, die Quelle einer solchen Wolke zu identifizieren. Die Forscher haben den Algorithmus zuerst in der Simulation getestet, dann mit einem Bodenroboter unter kontrollierten Laborbedingungen, um mehrere Messungen vergleichen zu können, und schließlich mit einer Drohne im Freien. Zukünftig soll der Roboter die Karte des Geländes, die ihm jetzt vorab eingegeben wurde, in Echtzeit lernen und auch den eigenen Flugpfad entsprechend anpassen können.

Egal, was die Aufgabe ist: Ein fliegender Roboter sollte möglichst lange in der Luft bleiben können. Andrea Tagliabue (California Institute of Technology) hat zusammen mit Forschern von der University of California, Berkeley, einen Algorithmus entwickelt, der es einem Quadrokopter erlaubt, seine Fluggeschwindigkeit so zu optimieren, dass er möglichst lange fliegen kann. Das Verfahren erfordert kein vorab erstelltes Modell des Roboters und kann sich daher auf unterschiedliche Gegebenheiten wie etwa veränderte aerodynamische Bedingungen aufgrund verschiedener Nutzlasten einstellen.

Trotz solcher Optimierungen wird sich aber an der maximalen Flugdauer für kleine Multikopter, die bei 20 bis 30 Minuten liegt, auf absehbare Zeit nichts ändern. "Bei der Energiedichte von Batterien ist keine Verbesserung in Sicht", sagte Kumar zum Abschluss seines Vortrags. "Sie liegt um das 50-fache unter dem unseres Körperfetts, das pro Kilogramm 10.000 Wattstunden speichern kann."

So lange Flugroboter über keine vergleichbare Energiequelle verfügen, werden Menschen daher wohl weiterhin Fett und Kohlehydrate verbrennen müssen, um sich Algorithmen auszudenken, die den Drohnen eine möglichst effiziente Nutzung ihrer kurzen Flugzeit ermöglicht. (olb)