Schleswig-Holsteins Chef-Datenschützerin rät zu Vorsicht bei Smartphone-Nutzung

Auslesen der Kontakte, Mitschneiden von Gesprächen, digitale Spuren – Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragte sieht einige Techniktrends extrem kritisch. Sie rät Verbrauchern zum umsichtigen Umgang mit Smartphone und Co.

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Marit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein.

Marit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein.

(Bild: Markus Hansen)

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Datenschutz-Expertin Marit Hansen rät Verbrauchern zu mehr Sensibilität beim Umgang mit neuen Techniken von Smartphone und Co. "Viele Apps bedingen sich zu viele Zugriffsrechte aus", sagte Hansen am Dienstag bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts in Kiel. Einige Anwendungen schalteten beispielsweise als Standard die Mikrofone ein. "Das sind falsche Trends."

Sie wolle aus Gründen des Datenschutzes zwar "nicht Askese empfehlen", sagte Hansen. Zumindest die Sprachsteuerung des Telefons sollten Nutzer an ihren Geräten aber ausschalten. "Sie ermöglicht es zwar ganz bequem, bestimmte Dinge zu steuern." Gleichzeitig könne sie jedoch im Wohnzimmer die Gäste aufnehmen. "Dass Mikrofone selbstständig angestellt werden, darf nicht sein."

Schleswig-Holsteins Datenschutz-Beauftragte sieht Messenger-Dienste wie WhatsApp kritisch. Diese App lese im Gegensatz zu anderen wie beispielsweise Threema die Informationen aus dem gesamten Adressbuch des Smartphones aus, warnte sie. In den Nutzungsbedingungen heißt es: "Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können." Eine wirksame Autorisierung liege in den meisten Fällen aber wohl nicht vor, sagte Hansen.

Bis zu 20 Beschwerden bekommen die Datenschützer täglich. Sie gehen jeder nach, werden aber auch selbst aktiv. 2015/2016 sei in sieben Fällen ein Bußgeld verhängt worden, sagte Hansen. Die Gesamtsumme belief sich auf 22.800 Euro. Sechs der Fälle sind bereits rechtskräftig. In 23 Fällen traf das Unabhängige Datenschutzzentrum Anordnungen.

Nach Hansens Einschätzung besteht in Teilen weiter dringender Handlungsbedarf im Umgang mit Daten. Wenn Patientendaten oder Kontodaten in falsche Hände gerieten, könne dies für die Betroffenen dramatische Auswirkungen haben. "Desaster kommen aber zum Glück recht selten vor." Problematisch war beispielsweise der Diebstahl von 40.000 Patienten-Daten aus einer psychiatrischen Gemeinschaftspraxis. Auf Speichersticks befanden sich Namen, Behandlungsdaten und Arztbriefe – zwar in komprimierter Form, aber unverschlüsselt. "Die Verschlüsselung kann ganz viele Probleme heilen", riet Hansen.

Auch bei Justiz und Polizei fanden die Datenschützer Beanstandenswertes. So wurden in einem Fall von Urheberrechtsverletzung Durchsuchungen bei einer Person durchgeführt und dabei auch die Speicherkarte einer Digitalkamera beschlagnahmt. Obwohl darauf nur private Familienfotos waren, wurde die Karte unbesehen zur Prüfung an einen externen Sachverständigen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) weitergereicht. Aus Datenschutzsicht sei das unverhältnismäßig – die Polizei hätte zuvor sichten und selektieren müssen.

Die meisten Beschwerden der Norddeutschen richten sich gegen das Thema Videoüberwachung. In Intimbereichen wie Toilettenräumen oder in Umkleiden sei dies besonders kritisch und verstoße gegen das Datenschutzrecht, sagte Hansen. Weil sich die Betreiber einer Fitnessstudio-Kette weigerten, auf die Videoüberwachung von Umkleide- und Aufenthaltsbereichen sowie Trainingsflächen zu verzichten, ordneten die Datenschützer eine Deaktivierung an.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Weniger Probleme als in der Vergangenheit haben Hansen und ihre Kollegen mit dem Einsatz von Webcams in den Tourismusorten an Nord- und Ostsee. (axk)