Spielzeugkatze "Lizzy": Reha-Klinik erprobt Schmuse-Roboter als Tierersatz

Tiere können wirkungsvoll bei Therapien helfen, dürfen in Krankenhäusern aber nicht eingesetzt werden. Roboter-Katze "Lizzy" soll Abhilfe schaffen.

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Spielzeugkatze "Lizzy": Reha-Klinik erprobt Schmuse-Roboter als Tierersatz

(Bild: Joy for all/Hasbro (Screenshot))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jeanette Bederke
  • dpa

Auf den ersten Blick wirkt Spielzeugkatze "Lizzy" wie ein herkömmliches Plüschtier – bis sie unverhofft miaut, mit den Ohren wackelt und den Kopf dreht. Die ältere Schlaganfallpatientin in der Reha-Fachklinik am Wolletzsee (Uckermark) stutzt, beobachtet und streichelt Lizzy schließlich vorsichtig über das rote Fell. Als das elektronische Spielzeug daraufhin zu schnurren beginnt, lächelt die Patientin und fängt an, leise mit dem Plüschtier zu sprechen. "Du bräuchtest mal eine Bürste", stellt sie angesichts des strubbeligen Katzenfells fest.

Christian Brüggemann, Chefarzt der Neurologie in der Reha-Klinik der Gesellschaft für Leben und Gesundheit (GLG), beobachtet die Szene und nickt zustimmend. "Die Resonanz bei unseren schwerkranken Patienten ist wirklich gut – ob nun Menschen mit starken Bewegungseinschränkungen, Orientierungsstörungen, neurologischen Erkrankungen oder denen, die sich nicht artikulieren können. Lizzy berührt sie emotional, sodass uns auf diesem Wege die Kontaktaufnahme zu dem Kranken erleichtert wird", sagt der Mediziner, der allerdings zugibt, persönlich keine Katzen zu mögen.

Auch die stellvertretende Pflegedienstleiterin der Klinik, Janine Belde, ist von den positiven Effekten überzeugt. "Tiere kommen vor allem bei älteren Patienten gut an. Meist erinnern sie sich dabei an die eigenen Haustiere, die ihnen fehlen. Bei sehr unruhigen Patienten bewirkt der Kontakt, dass sie sich spürbar entspannen", erzählt sie und erinnert sich auch an die Erfahrungen mit einem echten Therapiehund. Aus hygienischen Gründen seien lebende Vierbeiner in bestimmten Klinikbereichen allerdings nicht einsetzbar, das Infektionsrisiko sei zu groß, sagen Brüggemann und Belde. Streng genommen gilt das auch für Lizzy. "Du kannst ihr das Fell nicht über die Ohren ziehen, um es zu waschen. Wenn viele Hände darüberstreichen, ist das aber dringend erforderlich", macht Brüggemann deutlich.

Deswegen ist die Spielzeugkatze auch nur ein "Testballon". Tierische Therapie-Roboter, die diese Anforderungen erfüllen und noch echter wirken, kosten laut Klinikleitung zwischen 1500 und 2000 Euro. "Bevor das Geld ausgegeben wird, sollten die Effekte mit Lizzy erst einmal ausprobiert werden", sagt Brüggemann, der die Anschaffung einer solchen Roboter-Katze nun ebenso befürwortet, wie Vize-Pflegedienstleiterin Belde. Oberstes Ziel sei, dass sich die Patienten wohl fühlen. Oftmals fehle auch dem Pflegepersonal die Zeit für ausführliche Zuwendung. "Da wir in der Klinik Einzelzimmer haben, fühlt sich mancher Patient, der das Bett nicht verlassen kann, auch einmal einsam", macht Belde deutlich. Insofern sorge Lizzy auch für Unterhaltung.

Dabei sei ihnen durchaus bewusst, dass es durchaus auch Kritiker dieser künstlichen Tiere gibt. "Der tierische Roboter ersetzt weder den Menschen, noch die Therapie. Er ist lediglich ein Hilfsmittel, um mit dem betreffenden Patienten in Kontakt zu kommen", stellt der Chefarzt klar. Therapeutische Effekte gebe es auch, ergänzt Ergotherapeutin Katja Siebolt. "Das Streicheln schult unbewusst die Feinmotorik der Hände", sagt sie.

Das Brandenburger Gesundheitsministerium hat bisher keine Informationen über den Einsatz von Therapierobotern in Krankenhäusern im Land, geht jedoch davon aus, dass sich das bald ändern wird. "Wenn über den Einsatz moderner Hilfsmittel in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen gesprochen wird, gehört das einfach dazu", sagt Pressesprecherin Gerlinde Krahnert.

Bedenken zum Einsatz von Roboter-Tieren hat Michael Jacob, Geschäftsführer der Brandenburger Landeskrankenhausgesellschaft nicht. Denn alles was dem Patienten helfe, sei grundsätzlich erst einmal gut. "Ein Roboter ist ein Instrument. In der Verantwortung des behandelnden Arztes liegt es, wie er zu Therapiezwecken eingesetzt wird. Insofern kann der Einsatz durchaus sinnvoll sein und Vorteile haben", meint er. In Brandenburg sei ihm allerdings noch kein weiteres Krankenhaus bekannt, dass sich mit dieser Thematik befasse, so Jacob. Er begrüße die Entscheidung der Klinik, etwas Zusätzliches für das Patientenwohl anzuschaffen und dabei auch über den Tellerrand zu schauen.

Genau das hat die GLG auch vor, zumal Lizzy probeweise auch in der Geriatrie des GLG-Krankenhauses Prenzlau (Uckermark) für Freude und Entspannung der Patienten sorgte, wie Belde berichtet. "Diese Versuche haben uns gezeigt, dass die Anwendung robotikgestützter spielerischer Therapieelemente sinnvoll ist. Wir können damit Behandlungen positiv beeinflussen, die Zufriedenheit der Patienten erhöhen, Fachpersonal entlasten", sagt GLG-Verwaltungsdirektorin Petra Leiste, deren Angaben nach das Unternehmen in den nächsten Jahren in den Einsatz von ausgereiften Therapierobotern investieren will. Im Zuge der gesamten Digitalisierung in den Kliniken sollen sie eingesetzt werden. (olb)