Türkei: Putschisten tauschten sich über WhatsApp-Gruppe aus

Das investigative Recherche-Netzwerk Bellingcat hatte Zugriff auf Inhalte einer WhatsApp-Gruppe, über die türkische Militärs während ihres Putschversuchs kommunizierten. Nun wurde eine Zusammenfassung veröffentlicht.

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Türkische Flagge
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Die Putschisten in der Türkei haben sich während ihres Putschversuchs vor anderthalb Wochen offenbar unter anderem über eine WhatsApp-Gruppe ausgetauscht. Der Journalist Christiaan Triebert hat auf dem Nachrichtenblog Bellingcat die Inhalte von Chats veröffentlicht, die angeblich unter den Putschisten in Istanbul ausgetauscht wurden. Sie ermöglichen einen Blick hinter die Kulissen des Schlagabtauschs an dessen Ende sich die gewählten Institutionen der Türkei durchsetzten. Als Quellen gibt Triebert ein Twittervideo und Fotos eines Journalisten an, die die Inhalte der WhatsApp-Gruppe zeigen sollen. Dort geteilte Inhalte sind seit Anfang April Ende-zu-Ende verschlüsselt. Wo dies möglich war, hat Triebert Einträge durch Inhalte verifiziert, die im Internet veröffentlicht worden waren.

Das Recherchenetzwerk Bellingcat wurde 2015 mit der Auswertung von öffentlich zugänglichen Informationen zum Syrischen Bürgerkrieg und dem Absturz des des Air Malaysia Flugzeugs MH17 bekannt. Die dort nun veröffentlichten Übersetzungen der türkischen Chats scheinen zu belegen, wie die Putschisten anfangs planmäßig zu Werke gingen. Ihre Chatgruppe wurde demnach erst am selben Abend gegründet. Sie übernahmen Fernsehsender und große Zeitungen, um den Informationsfluss zu kontrollieren. Das Internet blieb aber Informationskanal für Medien und Politiker: Staatspräsident Erdoğan konnte die Bevölkerung darüber auffordern, sich den Putschisten zu widersetzen. Als die Menschen dann auf die Straße strömten, brach der Putschversuch zusammen. Im Chat wurde dann geraten, die Nachrichten zu löschen, woraufhin sich die Gruppenmitglieder ausklinken.

Die Veröffentlichung des WhatsApp-Chats rundet das Bild das Putschversuchs ab, das unter anderem der türkische Journalist Emre Kizilkaya von der Hurriyet zusammengefasst hat. Er berichtet, wie er den Versuch mehrerer Soldaten, das Redaktionsgebäude zu übernehmen, über Facebook live ins Internet streamte und Hunderttausende Zuschauer erreichte. Später hatte sich Erdoğan per Facetime-Chat live über das Smartphone einer Nachrichtensprecherin an die Bevölkerung gewandt und diese zum Widerstand aufgefordert. Damit hätten sich die sozialen Medien gegen die Putschisten und ihre geschlossene WhatsApp-Gruppe durchgesetzt, schreibt Kizilkaya. Es bleibt abzuwarten, wie Erdoğan in Zukunft mit den sozialen Netzen verfahren wird, als deren Freund er bislang nicht in Erscheinung getreten war. (mho)