US-Gegenangriff: Russische "Trollfabrik" zur US-Wahl vom Internet abgeschnitten
In der Internet Research Agency machen Trolle angeblich Stimmung in sozialen Netzen. Während der US-Zwischenwahlen kamen die Trolle aber nicht ins Internet.
Das US-Militär hat der berüchtigten russischen Internet Research Agency (IRA) am Tag der US-Zwischenwahlen den Zugang zum Internet gekappt. Das meldet die Washington Post unter Berufung auf mehrere anonyme Quellen. Die Einrichtung gilt als "Trollfabrik", deren Angestellte mit staatlicher Rückendeckung versuchen, die öffentliche Meinung in anderen Staaten zu beeinflussen – allen voran in den USA. Nachdem deren Aktivitäten seit der US-Präsidentschaftswahl von 2016 immer wieder in den Blick der Öffentlichkeit geriet, hätten die USA nun erstmals die Muskeln spielen lassen.
"Endlich im Spiel"
Wie genau der US-Angriff technisch abgelaufen ist, wird in dem Bericht aber nicht erläutert. Sie sei Teil einer größeren Offensive, die durch neue Befugnisse erlaubt und von US-Präsident Donald Trump genehmigt worden sei. Die Abtrennung vom Internet habe während der US-Zwischenwahlen am 6. Oktober 2018 angedauert, um eine Einflussnahme zu verhindern. Offenbar hatten die US-Agenten aber auch ohne Internetzugang weiterhin Einblick in die interne Kommunikation der IRA-Mitarbeiter. Die hätten sich bei ihren Vorgesetzten über die technische Einschränkung beklagt, heißt es in dem Artikel.
Von den mutmaßlich mit der russischen Einrichtung verbundenen Personen und Institutionen habe es zu dem Bericht keinen Kommentar gegeben, ergänzt die Washington Post. Im Pentagon werde die Aktion unterdessen als Erfolg gewertet, heißt es weiter. Zwar werde auf diese Weise nicht dafür gesorgt, dass ein gegnerischer Staat derartige Aktivitäten einstellt, aber man könne immerhin Sand ins Getriebe werfen. Gleichzeitig sei es keine Eskalation, sondern nur ein Gegenschlag mit den Mitteln des Gegners: "Wir sind endlich im Spiel", wie es ein ungenannter Beamter ausdrückt.
Im Rahmen der US-Offensive gegen die russischen Trolle hatte es vorher auch schon direkte Nachrichten auf deren Computern gegeben, hatte die New York Times berichtet. Die US-Amerikaner hätten denen damit deutlich machen wollen, dass sie deren Identitäten kennen und ihre Online-Aktivitäten durchschaut hätten. Das sei so aufwühlend gewesen, dass einige Verantwortliche in der Internet Research Agency eine Untersuchung angeordnet hätten, um eine vermutete undichte Stelle zu identifizieren.
Mit Trollen die Ă–ffentlichkeit beeinflussen
Bei einer ausführlichen Beschreibung der IRA-Aktivitäten hatte der US-Sonderermittler Mueller vor einem Jahr zusammengefasst, wie die russischen Trolle angeblich vorgegangen waren. Sie legten sich demnach vermeintliche US-Identitäten zu und erstellten damit Accounts bei Facebook, Twitter und Co. Denen verschafften sie durch ausgetüftelte und mit der Zeit immer mehr verfeinerte Beiträge jede Menge Follower, um für künftige Operationen über die nötige Reichweite zu verfügen. 2016 lautete dabei die Marschrichtung, "Hillary und den Rest" zu kritisieren, nicht aber Trump und Bernie Sanders, denn "die unterstützen wir".
Welchen Einfluss die mutmaßlich im staatlichen Auftrag handelnden Trolle tatsächlich auf Entwicklungen in den USA und anderen Ländern haben, lässt sich nur sehr schwer untersuchen. Dank anderer, leichter zu analysierender Aktivitäten scheint aber klar, dass sie Teil einer großangelegten Offensive waren, die zur Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten beigetragen hat. Die könnte dabei sogar das entscheidende Zünglein an der Waage gewesen sein. (mho)