Vernetzte Schulen: Bundesregierung verschiebt milliardenschweren Digitalpakt
Groß hatte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka voriges Jahr Investitionen von fünf Milliarden Euro in die Digitalisierung von Schulen angekündigt, doch die Initiative kam ins Stocken. Nun gibt es eine offizielle Erklärung.
Mit dem Prestigeprojekt von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) für einen "Digitalpakt" zwischen Bund und Ländern für den Schulbereich wird es vorerst nichts. Schon im Juli war zu hören, dass es mit der Initiative nicht vorangehe. Wanka äußerte sich damals aber nicht groß dazu. Nun räumt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion ein: "Auf Bundesseite wie auch mit den Ländern sind noch rechtliche, sachliche und haushalterische Fragen zu klären. Die haushalterischen Entscheidungen liegen bei der nächsten Bundesregierung und dem Haushaltsgesetzgeber der nächsten Legislaturperiode."
Vor der Bundestagswahl am 24. September tut sich also definitiv nichts mehr rund um das ambitionierte Vorhaben, wonach zwischen 2018 und 2022 fünf Milliarden Euro in die Vernetzung und WLAN-Ausrüstung von Klassenzimmern, standortgebundene Endgeräte sowie sichere Cloudlösungen für Unterrichtsinhalte und den Austausch unter Lehrern fließen sollten. Ob Wanka danach noch für das Bildungsressort zuständig ist und wie sich die Verhandlungen unter einem möglichen Nachfolger gestalten, ist völlig unklar. Auf jeden Fall gerät der Zeitplan für den Pakt stark ins Wanken und dürfte nicht mehr zu halten sein.
"Keine verlässliche Arbeitsgrundlage"
Baden-Württembergs Kultusministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Susanne Eisenmann (CDU), beklagte jüngst, dass die Eckpunkte für die Vereinbarung nicht stünden und damit "keine verlässliche Arbeitsgrundlage" vorliege. Dem Vernehmen nach hatte es ihre Parteikollegin Wanka versäumt, die skizzierten Milliardenausgaben mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), abzustimmen. Die Grünen befürchteten daher bereits vor der Sommerpause, dass die Einigung zu dem Pakt weit entfernt sei. Stutzig machte sie vor allem, dass der Entwurf der Bundesregierung zum Bundeshaushalt 2018 keine Mittel für den digitalen Ausbau der Schulen enthalte.
Die Bundesregierung hält es laut der Antwort aber nach wie vor für "sehr wichtig", dass Schulen und Berufsschulen hierzulande "über eine zukunftsfähige Breitbandinfrastruktur verfügen". Daher könne das Förderprogramm mittlerweile auch "gezielt für Gigabit-Anschlüsse" von Bildungseinrichtungen genutzt werden. Zudem unterstütze das von Wanka geführte Haus im Rahmen eines Pilotprojektes "die Entwicklung einer innovativen Schul-Cloud". Schüler sowie Lehrer könnten damit "zeit- und ortsunabhängig auf digitale Lehr- und Lernangebote zugreifen".
Warten auf den Geldfluss
Die Kultusminister der Länder haben Eckpunkte für eine Digitalisierungsoffensive an den Schulen bereits abgesteckt und warten eigentlich nur noch auf den versprochenen Geldfluss. Wanka war aber schon Anfang des Jahres zurückgerudert und hatte darauf verwiesen, dass man eine derart komplexe Bund-Länder-Vereinbarung nicht binnen weniger Monate aushandeln könne. Wichtig sei es, sich zwischen beiden Seiten "soweit zu verständigen, dass man in neuen Koalitionsverhandlungen die entsprechenden Mittel für einen Digitalpakt einwerben kann". Sonst hätten die Bildungspolitiker schlechte Karten gegenüber dem Finanzministerium.
Der Bildungsexperte der Grünen, Özcan Mutlu, spricht jetzt von einem "einzigen Trauerspiel" Wankas. Die SPD hat derweil eine "nationale Bildungsallianz" angekündigt. Sie will damit Milliarden in die Infrastrukturen investieren und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in Schulen "digitale Medien künftig so selbstverständlich wie Bücher und Arbeitshefte genutzt werden". (axk)