Vom Sternenstaub zum Daumenkino

Die Stardust-Sonde hat nach der fast siebenjährigen Reise zum Kometen Wild 2 ihre Ladung abgeworfen: eine Kapsel, die Materie aus dem Schweif des Kometen enthält – und hoffentlich auch einige Partikel interstellaren Staubs.

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Von
  • Oliver Lau

Nach der fast siebenjährigen Reise zum Kometen Wild 2 über eine Strecke von rund 4,5 Milliarden Kilometer ist die Raumsonde Stardust nun wieder zur Erde zurückgekehrt und hat die heiß ersehnte Ladung abgeworfen: eine Kapsel, die Materie aus dem Schweif des Kometen enthält – und hoffentlich auch einige Partikel interstellaren Staubs. Während die Kapsel an Fallschirmen auf das Ziel, das militärische Test- und Trainingsgelände in Utah (UTTR), hinabsank, wurde die Sonde wieder gen Orbit um die Sonne geschossen.

Aus der Zusammensetzung des Kometenstaubs wollen die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Entstehung des Universums ziehen. Eingefangen wurden die Partikel mit einem so genannten Aerogel, einem schwammartigen Material extrem geringer Dichte, das aus aufgeschäumtem Glas besteht. Das sorgt dafür, dass die Teilchen beim Auftreffen sanft abgebremst werden und nicht wie Fliegen auf einer Windschutzscheibe zerbersten.

Die eine Seite des Aerogel-Schilds – im NASA-Jargon Stardust Interstellar Dust Collector (SIDC) – hat den Kometenstaub eingefangen, die andere Seite den interstellaren Staub auf der Reise zum Kometen. Damit ist Stardust die erste Mission, die nicht nur Material eines Kometen zur Erde bringt, sondern auch die ersten Teilchen mitten aus der Milchstraße.

Während die Kometenpartikel in so großer Zahl vom Aerogel eingefangen wurden, dass der Staub mit bloßem Auge zu erkennen ist, erwarten die NASA-Wissenschaftler nur etwa 45 mikroskopisch kleine interstellare Teilchen, die sich über die gesamte Fläche des SIDC verteilen. Diese wenigen Partikel in dem über die Jahre vermutlich arg lädierten Aerogel zu entdecken, ist nun die nächste Aufgabe, der sich die Wissenschaftler gegenüber sehen.

Dazu wollen sie das Aerogel in 1,6 Millionen Abschnitte unterteilen, jeder kleiner als ein Sandkorn, und diese in 60 Lagen bis zu einer Tiefe von 100 Mikron einscannen. Aus den Einzelbildern soll ein kleiner Film entstehen. Eine computerisierte Suche ist nach Ansicht der Wissenschaftler allerdings unmöglich, weil sich kaum erahnen lässt, wie die Einschläge aussehen. Deshalb sollen Menschen an die Stelle der Computer treten und die Proben optisch analysieren – und zwar mit Hilfe eines virtuellen Mikroskops. Nach dem Vorbild des Distributed-Computing-Projekts SETI@home sollen die Filmchen von einem zentralen Server aus unter die Objektive der virtuellen Mikroskope gelegt werden. Hat der Betrachter seine Analyse abgeschlossen und das Ergebnis an Server übertragen, bekommt er die nächste Probe vorgelegt.

Für das Projekt Stardust@home benötigen die Wissenschaftler zahlreiche freiwillige Helfer. Wer mitmachen möchte, kann sich jetzt schon registrieren. Im März soll dann die Suche losgehen. Aber nicht für jeden Interessierten: Mit Hilfe eines web-gestützten Tests wollen die Forscher ermitteln, wer sich für die Suche eignet und wer nicht. Details zum Ausleseverfahren haben die Wissenschaftler noch nicht mitgeteilt.

Damit die Teilnehmer nicht vor ihren Mikroskopen einschlafen, will das Stardust@home-Team kleine "Aufwecker" in die Filme einstreuen: Einschlagkanäle, die so aussehen, als ob … Wenn zwei von vier Freiwilligen glauben, ein Partikel entdeckt zu haben, legt der Server die Probe weiteren 100 Teilnehmern vor. Und wenn von denen mindestens 20 Prozent etwas zu sehen meinen, nimmt sich das Stardust@home-Team einer tiefergehenden Analyse an. Im Oktober 2006 soll die Untersuchung abgeschlossen sein. (ola)