Vor 50 Jahren: Russe Komarow stirbt als erster Mensch bei Weltraumflug
Auf den Tag genau vor fünfzig Jahren, am 24. April 1967, starb der Kosmonaut Wladimir Komarow beim Absturz seiner Sojus-Kapsel. Nach der Katastrophe entwickelte sich das Sojus-System zur Basis der sowjetischen und internationalen Raumfahrt.
Die 1960er Jahre waren bekanntlich die Ära des "Space Race", des Wettlaufs ins All und zum Mond. In der Mitte des Jahrzehnts lagen die Konkurrenten USA und UdSSR mehr oder weniger gleichauf. Am 27. Januar 1967 erlitten die Amerikaner einen schweren Rückschlag, als drei Astronauten bei einem Brand der Apollo-Mondkapsel am Startplatz Cape Kennedy (heute wieder Cape Canaveral genannt) starben.
Unglücke in West und Ost
Das gab der Sowjetunion die Chance, mit einem neuen System zu glänzen, das auch für Mondflüge geeignet war. Am 23. April 1967 um 3:35 Uhr Moskauer Zeit hob in Baikonur eine Trägerrakete mit dem Raumschiff Sojus 1 ab. Im Inneren saß der Luftfahrtingenieur und Testpilot Wladimir Komarow. Der Vierzigjährige gehörte seit 1960 zum Kosmonautenkorps und hatte schon im Oktober 1964 einen Flug in der Drei-Mann-Kapsel Woschod 1 absolviert.
Das Sojus-Raumschiff war größer und leistungsfähiger als die Woschod-Kugel. Es war 13 Meter lang und umfasste drei Elemente: einen zylindrischen Geräteteil mit zwei Solarzellen-Flügeln, die Kommandokapsel, die bis zu drei Passagiere aufnahm, und die Orbitalsektion für Arbeiten im All. Am Ende eines Fluges kehrte nur die Kommandokapsel am Fallschirm zurück. Direkt über dem Boden wurde der Aufprall durch kleine Feststoffraketen abgemildert.
Die unbemannten Tests vor der Sojus-Mission waren allerdings nicht gut verlaufen. Ende November 1966 startete ein Raumschiff unter der Tarnbezeichnung Kosmos-133 und geriet bald außer Kontrolle. Kurz vor der Landung wurde es gesprengt. Beim zweiten Versuch im Dezember explodierte die Trägerrakete auf der Startrampe. Der nächste Flug mit Namen Kosmos-140 endete im Februar 1967 damit, dass im All die Luft aus der Kapsel entwich und diese später im Aralsee versank.
Zu viel Optimismus
Trotz der schlechten Erfahrungen gaben die sowjetischen Raumflugplaner grünes Licht, und Komarow machte sich auf die Reise. In Baikonur stand außerdem schon Sojus-2A bereit. Das Raumschiff sollte einen Tag nach der ersten Sojus starten und die Kosmonauten Waleri Bykowski, Jewgeni Chrunow und Alexei Jelissejew in den Orbit bringen. Dort sollten sie sich Sojus-1 nähern und ankoppeln. Die Planung sah danach den Umstieg von zwei Männern der Crew in Komarows Kapsel vor.
Dazu kam es aber nicht, denn der Flug von Sojus-1 entwickelte sich zum Alptraum. Einer der beiden Solarflügel blieb stecken und blockierte die Sonnen- und Sternensensoren für die Lagekontrolle. Auch der Ionenfluss-Sensor, der die Orientierung des Raumschiffs maß, funktionierte nicht. Komarow gelang es dann, sein Gefährt mit optischen Mitteln für die Rückkehr auszurichten. Am 24. April um 6:00 Uhr Moskauer Zeit zündeten die Bremsraketen. Die Geräte- und die Orbitalsektion trennten sich von der Kommandokapsel, die zur Erde fiel.
Nach der Wiedereintrittsphase kam es zur Katastrophe. Der Hauptfallschirm entfaltete sich nicht, der Reserveschirm nur halb. 23 Minuten nach Zündung der Bremsraketen zerschellte Sojus-1 im südrussischen Bezirk Orenburg nahe der Grenze zu Kasachstan. Der Kosmonaut war sofort tot. Beim Aufprall gerieten die Trümmer der Kapsel in Brand, und der Leichnam wurde übel zugerichtet. Am 26. April 1967 erhielt Komarow in Moskau ein Staatsbegräbnis; seine Urne ruht in der Kremlmauer.
Die moderne Sojus MS-01 (10 Bilder)
(Bild: NASA)
Seit den 1970er Jahren verbreiten sich Berichte und Transkriptionen von Komarows letzten Funksprüchen; sie sind mit großer Sicherheit Fakes. Der schwedische Raumfahrtexperte Sven Grahn stellte auf seiner Homepage die verfügbaren Informationen zusammen. Glaubwürdig ist ein Mitschnitt, der wenige Stunden nach dem Sojus-Start in Berlin entstand und sich politisch-propagandistisch anhört.
Tragischer Beginn einer Erfolgsgeschichte
Wladimir Komarow war der erste Raumpilot, der während einer Mission starb. Der erste geglückte Test des bemannten Sojus-Systems fand vom 26. bis 30. Oktober 1968 statt; weitere Flüge folgten. Am 29. Juni 1971 erstickten drei Kosmonauten an Bord von Sojus-11 kurz vor der Landung. Bei der Abtrennung des Orbitalmoduls hatte sich ein Ventil geöffnet und die Kabinenluft herausgelassen. Die Crew trug keine Raumanzüge. Der nächste bemannte Flug startete erst am 27. September 1973.
Seitdem kam kein Mensch in einer Sojus zu Tode. Das System wurde mehrmals verbessert und ist seit dem Ende der Space-Shuttle-Flüge der einzige Zugang zur Raumstation ISS. Den heutigen Typ Sojus-MS mit dem ersten Modell 7K-OK vom Unglücksflug 1967 zu vergleichen, sei wie ein Vergleich von modernen Autos mit Fahrzeugen von vor 100 Jahren, meint der Chefredakteur der Zeitschrift «Nowosty Kosmonawtiki». Von 1968 bis 1970 flogen fünfmal Zond-Kapseln, die auf dem Sojus-System basierten, auf einer langestreckten Bahn um den Mond und wieder zurück. Am 15. Oktober 2003 umkreiste der erste chinesische Astronaut Yang Liwei die Erde. Auch sein Raumschiff war eine Weiterentwicklung der Sojus-Technik. (mho)