Winterzeit – Die Uhren sind umgestellt

Die Uhren sind umgestellt – das bedeutet aber nicht, dass sich alle einfach über eine Stunde mehr Schlaf gefreut haben.

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Winterzeit – Die Uhren sind umgestellt

(Bild: pixabay)

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  • dpa
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Es war die längste Nacht dieses Jahres: Pünktlich um 3 Uhr wurden am Sonntagmorgen die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. "Es hat wieder reibungslos geklappt", sagte der Physiker Dirk Piester von der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Hierzulande und in den meisten Ländern Europas gilt damit wieder die Normalzeit – oft auch Winterzeit genannt.

Die gewonnene Stunde in der Nacht bedeutete für viele Menschen einfach etwas mehr Schlaf. Darüber hinaus wird über Sinn und Zweck der Zeitumstellung seit langem gestritten. Fraglich ist, ob damit tatsächlich Energie gespart wird. Mit diesem Ziel wurde sie 1980 in Deutschland wieder eingeführt. Immer am letzten Sonntag im März und am letzten Sonntag im Oktober wird jeweils am Zeiger gedreht.

Nach einer europaweiten Umfrage, in der sich die deutliche Mehrheit der Teilnehmer für eine Reform aussprach, will die Europäische Union dies auch umsetzen. Die Position der EU-Kommission ist klar, das Europaparlament macht ebenfalls Druck. Die Abgeordneten sprachen sich mit deutlicher Mehrheit für eine Abschaffung der Zeitumstellung im Jahr 2021 aus. Das Problem: Es bräuchte auch eine Mehrheit unter den EU-Staaten – und die ist nicht in Sicht.

Auch aus Berlin hieĂź es kĂĽrzlich, dass die Bundesregierung sich noch nicht festgelegt habe, ob sie bei einem Ende der Zeitumstellung fĂĽr eine dauerhafte Winter- oder Sommerzeit ist. Es darf also munter weiter diskutiert werden.

EU-Kommissar Oettinger will weiter an der Zeitumstellung festhalten. Er habe zwar als Kommissar den Vorschlag mitgetragen, sei persönlich aber nicht traurig, wenn es mit der Abschaffung der Zeitumstellung nicht klappe, erklärt Oettinger gegenüber RP Online. Der europäische Binnenmarkt sei auf eine Zeitzone getaktet und Kinder gingen bei dauerhafter Sommerzeit einen wesentlichen Teil des Jahres im Dunkeln zur Schule.

Man solle das Votum nicht zu ernst nehmen und Gegenargumente prĂĽfen, da sich nur etwa ein Prozent der BĂĽrger beteiligten. Von den 4,6 Millionen EU-BĂĽrgern, die an der Abstimmung teilnahmen, haben sich 84 Prozent gegen die Zeitumstellung ausgesprochen, drei Millionen Stimmen kamen allein aus Deutschland.

Die Experten der PTB – die Behörde, die für die technische Umsetzung der Zeitumstellung in Deutschland zuständig ist – haben mehrmals betont, dass jeder Beschluss ohne nennenswerten Aufwand umgesetzt werden könne.

Die Zeiten, in denen die Zeiger noch von Hand umgestellt wurden, werden laut Zeitforscher Karlheinz Geißler weniger: "Nur die Älteren stellen noch selbst um, für die Jüngeren ist die Zeit längst digitalisiert", sagt der 75-jährige emeritierte Professor aus München.

Branchenkenner Guido Grohmann widerspricht: "Die Zeit des händischen Umstellens ist noch lange nicht vorbei", sagt der Geschäftsführer vom Bundesverband Schmuck und Uhren in Pforzheim. Mechanische Uhren hätten für viele Menschen etwas Faszinierendes. Sie freuen sich nach Grohmanns Worten regelrecht darauf, am Tag der Umstellung 25 Uhren zu justieren.

Im Wirtschaftsbericht des Verbandes für das Jahr 2018 heißt es zwar, dass etwa bei den Armbanduhren die Elektronikbranche den traditionellen Markt unter Druck setze und der Anteil mechanischer und quarzbetriebener Uhren sinke. In der Preisklasse ab etwa 1500 Euro ergibt sich Grohmann zufolge aber ein anderes Verhältnis – weniger digital, mehr mechanisch. "Uhren sind oft Prestigeobjekte", sagt Verbandschef Grohmann. Das gelte für die hochwertige Armbanduhr genauso wie für die alte aufbereitete Standuhr von Opa.