Zahlen, bitte! Apps: Nach drei Tagen sind 77 Prozent der Nutzer futsch

Im Durchschnitt verlieren Mobil-Apps innerhalb von drei Tagen nach der Installation über drei Viertel ihrer Nutzerschaft. Warum? Und was hält die restlichen 23 Prozent bei der Stange?

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Zahlen, bitte! Apps: Nach drei Tagen sind 77 Prozent der Nutzer futsch
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Julius Beineke
  • Volker Zota
Inhaltsverzeichnis
Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

"There's an app for that". Den Spruch kennt jeder. Die digitalen Helferlein gibt es für fast jeden Zweck. Allerdings sind nur die wenigsten Apps wirklich erfolgreich. Dies wird unter anderem durch einige jüngere Studien unterstrichen, die einen rasanten Abfall an aktiven Nutzern aufzeigen. Im Durchschnitt dauert es nämlich bei den meisten Apps nur drei Tage, bis 77 Prozent der anfänglichen Nutzer abgesprungen sind.

Zu diesem Ergebnis kam eine gemeinsame Analyse der "Retention Rate" (also Bindungsrate oder Verbleibequote) des App-Experten Andrew Chen und des Analyse-Startups Quettra. Nach 30 Tagen sind sogar 90 Prozent der Nutzer weg. Nach 90 Tagen bleibt nur noch ein harter Kern von drei bis fünf Prozent, der die Apps noch regelmäßig nutzt.

Verschiedene Studien zeichnen ein ähnliches Bild.

(Bild: eMarketer )

Andere Analysen decken sich weitgehend mit den Ergebnissen. Alle Toleranzen und Diskrepanzen in Betracht gezogen, zeichnen die unterschiedlichen Diagramme durchaus vergleichbare Bilder zu App-Retention und somit Erfolg.

Über den Erfolg von Apps entscheidet der erste Tag nach der Installation. So springen bei den Top-10-Apps aus dem Google Play Store an diesem Tag keine 25 Prozent der Nutzer ab, während es bei den Apps jenseits der Top 100 über 60 Prozent der Anwender sind. Interessanterweise entwickelt sich die Zahl der aktiven Nutzer danach unabhängig vom Erfolg der Apps praktisch identisch weiter – nur auf unterschiedlichem Niveau.

Wie lange Apps ihre Nutzer halten können, entscheidet sich meist schon am ersten Tag. Danach entwickeln sich alle fast gleich.

(Bild: Andrew Chen )

Es ist also quasi egal, ob es sich um eine absolute Top-App oder um App-Schrott handelt, nach dem ersten Tag verliert relativ gesehen ein gleich großer Anteil der Nutzer nach und nach das Interesse. Das heißt nicht zwangsläufig, dass diese Nutzer die App sofort wieder deinstallieren – vielleicht öffnen sie diese nur wesentlich seltener oder lassen sie ungenutzt "liegen". Das gilt übrigens nicht nur für Mobil-Apps. Ähnliches lässt sich auch bei Web-Anwendungen und Desktop-Programmen feststellen.

Die besagten 77 Prozent sind natürlich ein Durchschnittswert. Tatsächlich hängt der Erfolg auch von der App-Kategorie oder dem -Genre ab, auch wenn sich daraus keine direkten Rückschlüsse auf die Qualität der App ziehen lassen.

So halten sich beispielsweise Apps aus den Kategorien Kommunikation und Social Media besonders "hartnäckig" – haben also eine hohe Chance, Nutzer zu binden. Richtig geraten – hier sind Apps wie Facebook und der zugehörige Facebook Messenger, WhatsApp & Co. ganz vorne mit dabei.

Süchtig machende Games wie das berühmt-berüchtigte Candy Crush Saga sind ebenfalls Kandidaten, die durch geschicktes Design (und teilweise fragwürdige Marketing-Strategien) für eine lange Bindung sorgen können und Nutzer immer wieder zu sich zurück holen.

Apps unterschiedlicher Kategorien haben andere Nutzer-Bindung und Nutzungs-Regelmäßigkeit.

(Bild: Andrew Chen )

Das nebenstehende Koordinationsystem veranschaulicht die Zusammenhänge. Fast 45 Prozent der Nutzer setzen Kommunikations-Apps auch nach drei Monaten noch ein – und das im Schnitt bis zu neun mal wöchentlich. Am anderen Ende der Skala finden sich "Apps" wie Musik oder E-Books. Das ist verständlich, denn normalerweise werden die meisten Nutzer ein Buch oder einen Song nach dem Download für kurze Zeit regelmäßig "konsumieren", bis sie das Buch durchgelesen oder sich an der Musik satt gehört haben.

Ähnliches gilt für Personalisierung-Apps – sie werden einmal kurz eingesetzt, um etwa die Geräte-Oberfläche anzupassen und danach nicht mehr angefasst. Andere Extreme zeigen sich in Dating- und Wetter-Apps. Die Dating-Apps werden häufig über kurze Zeit sehr intensiv genutzt und aus zwei Gründen links liegen gelassen: Entweder hatten die Anwender schnell Glück oder stellen fest, dass sie die Apps ohne zusätzliche Ausgaben nicht erfolgreich nutzen können. Wetter-Apps bleiben hingegen oft sehr lange auf den Geräten, werden aber nur verhältnismäßig selten eingesetzt. Ähnlich situational sind Nachrichten- (News), Sport-Ergebnis- oder Nachschlage-Apps.

Durchschnittliche App-Downloads pro Gerät pro Monat

(Bild: Tune )

Seit einigen Jahren hält sich außerdem hartnäckig die Legende, die meisten Smartphone- und Tablet-User würden praktisch keine Apps herunterladen, da es nur wenige wirklich wirklich erfolgreiche Apps gibt. Nachforschungen von Tune auf Basis von Hard Data und Umfragen haben ergeben, dass die tatsächliche Zahl der monatlichen App-Downloads pro Gerät auf mindestens 1,5 beläuft.

Die Dunkelziffer sei aufgrund von fehlenden Daten und fehleranfälligen Methoden – und der Tatsache, dass die meisten Nutzer mehr als ein Gerät benutzen – wohl nahezu doppelt so hoch, also etwa zwei bis drei App-Downloads pro Nutzer und Monat. (vza)