Zahlen, bitte: Der ICExperimental – mit 406,9 km/h über Deutschlands Schienen

Vor 34 Jahren begann die Zeit der ICE-Züge in Deutschland: Der InterCityExperimental raste als erster derartiger Zug mit mehr als 300 km/h über die Schiene.

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Zahlen, bitte: Der ICExperimental – mit 406,9 km/h über Deutschlands Schienen
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Von
  • Detlef Borchers

Auf den Tag genau vor 34 Jahren startete Deutschland in die mobile Zukunft. Zwischen Bielefeld und Hamm erreichte der mit prominenten Gästen besetzte ICE-Vorläuferzug die Geschwindigkeit von 317 km/h und stellte damit einen Weltrekord auf.

"Der Zug der Zukunft" läutete 1985 das Zeitalter der Hochgeschwindigkeitszüge ein. Auf einer anderen Schnellfahrstrecke erreichte der InterCityExperimental 1988 die Rekordgeschwindigkeit von 406,9 km/h.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Am Konzept von Hochgeschwindigkeits-Zugverbindungen arbeiteten die Bundesbahn und das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) seit 1972. Zuvor hatte das Verkehrsministerium ab 1969 in einer Studie ermittelt, wie ein Hochleistungsschnellverkehrssystem aussehen könnte. Beide Ministerien und die Bundesbahn bildeten eine Arbeitsgruppe, die zunächst die Magnetschwebebahn favorisierte. 1980 wurde eine Teststrecke für diese Technologie im Emsland errichtet.

Auf Druck von Bundesbahn und Industrie entschied man sich schließlich für ein Rad/Schiene-System und gab den InterCityExperimental in Auftrag. Er sollte 1985 vorführbereit sein, rechtzeitig zum 150 Geburtstag der Eisenbahn in Deutschland. Die Bundesbahn war an der Finanzierung des Vorläufer- und Testzuges mit 17 Millionen, die Industrie mit 16 Millionen und das BMFT mit 44 Millionen beteiligt. Parallel dazu plante das Bundesverkehrsministerium mit dem Bundesverkehrswegeplan von 1973 ein Schnellbahn-Streckennetz von 2000 Kilometern, das 31 Milliarden DM kosten sollte.

Neben den beiden Triebwerksköpfen, die von Krupp in Essen und von Thyssen-Henschel in Kassel gefertigt wurden, baute Messerschmitt-Bölkow-Blohm die Mittelwagen. Die elektrische Technik kam von Siemens. Der InterCityExperimental war der erste Zug mit einem durchgehenden Datenbus und einem Fahrgast-Informationssystem. Technisch sollte eine Bordtelefonie Telefonate ins Festnetz ermöglichen, computertechnisch wurde mit Bildschirmtext-Terminals an ausgewählten Sitzplätzen geplant.

Für die künftigen InterCityExpress-Züge (ICE, zunächst HGZ = Hochgeschwindigkeitszug genannt) experimentierte man mit unterschiedlichen Bestuhlungen. Die Studie zum Verkehrssystem der Zukunft prognostizierte, dass vor allem Geschäftsreisende die schnellen Verbindungen nutzen werden und so wurden Abteile entwickelt, die für Konferenzen geeignet waren. Das "Work & Ride" genannte Konzept konnte sich aber nicht durchsetzen.

Der InterCityExperimental wurde für zahlreiche Hochgeschwindigkeitsversuche und Testmessungen 13 Jahre und 1,2 Millionen Kilometer lang benutzt. Den Höhepunkt seines Zuglebens erlebte er am 15. Juni 1989, als der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow mit ihm von Bonn nach Dortmund und dann nach Düsseldorf fuhr. Als er im Jahr 2000 ausgemustert wurde, fuhren bereits die modernen ICE 3 auf den Gleisen, deren Antrieb unterflur liegt und die für eine Geschwindigkeit von 330 km/h zugelassen sind. (mho)