Zahlen, bitte! Von weiß bis rot – Stufen und Farben für Gefahrenskalen

Die Gefährdung für die deutsche Bevölkerung durch das Coronavirus ist jetzt "hoch": Wir klassifizieren Gefahren gerne in Skalen und Farben.

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Zahlen, bitte! Von weiß bis rot – Stufen und Farben für Gefahrenskalen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Weltgesundheitsorganisation hat die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit COVID-19 am 11. März als weltweite Pandemie eingestuft. Entsprechend rot ist der Teil ihrer Website gefärbt, über den aktuelle Informationen über das Virus verfügbar sind. Zwei Wochen vorher hatte sie noch von einem "pandemischen Potenzial" des Virus gesprochen. Bis zum Auftreten der Schweinegrippe im Jahr 2009 hatte sie ein Modell, das Influenza-Verbreitungen in sechs Stufen oder Pandemiephasen einordnete. Von solchen formalen Kriterien und zahlenmäßigen Einordnungen ist man abgerückt und favorisiert nun eine risikobasierte Beschreibung.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Katastrophen und Bedrohungen klassifiziert der moderne Mensch in Zahlen. Es gibt die "nach oben offene" Richterskala oder die 12 Stufen der Beaufort-Skala, die von der Windstille bis zum Orkan reicht. Für besondere Wetterbedrohungen gibt es weitere Skalen wie die Fujita-Skala zur Einordnung von Tornados. In fünf Stufen informiert die Turiner Skala über die Bedrohungslage des Planeten Erde durch Himmelskörper. Sie ist farbcodiert und beginnt bei 0 = weiß mit Ereignissen ohne Einschlagsgefahr, grün für Stufe 1 für Ereignisse, die man beobachten sollte, gelb für die Stufen 2-4 für Ereignisse, die Anlass zur Besorgnis geben. Mit Orange für die bedrohlichen Ereignisse der Stufen 5-7 beginnen die internationalen Warnungen, mit rot für die Stufen 8-10 werden sichere Treffer eingeordnet.

Solche Einstufungen und Klassifikationen mit Farbcodierungen mit den Warnfarben gelb, orange oder rot gibt es in vielen Bereichen. Erwähnenswert sind in dieser Hinsicht die nicht mehr verwendeten Bikini-Alarmstufen des britischen Militärs mit den Abstufungen Weiß, Schwarz, "besonderes Schwarz", Orange und Rot, allein schon deshalb, weil ein Computer das Wort "Bikini" für das System ausgesucht haben soll. Wie kommt ein Elektronengehirn auf solche Gedanken?

Das wohl bekannteste Warnsystem dürfte das CCTLS des US-Amts für Heimatschutz sein, ausgeschrieben "Color Coded Threat Level System". Es sollte terroristische Bedrohungslagen einordnen. Mit den fünf Stufen und den Farben Grün, Blau, Gelb, Orange und Rot wurde es nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 im Jahre 2002 eingeführt und neun Jahre lang bis 2011 betrieben. Dabei wechselte es regelmäßig zwischen Gelb und Orange, bis die Nutzlosigkeit dieser Skala erkannt wurde. Es wurde durch das National Terrorism Advisory System ersetzt, in dem die aktuelle Gefährdungslage ausführlicher in einem Bulletin beschrieben wird. Farbcodiert arbeitet heute in den USA nur noch das Cyber Defense System mit Schwarz als höchster Gefährdungsstufe. Dann ist das Internet kaputt oder das Leben von US-Amerikanern in akuter Gefahr.

Ein sehr ähnliches Schicksal wie CCTLS hatte der französische Plan Vigipirate, vom Namen her ein Akronym aus "vigilance" und "protection des installations contre les risques d’attentats terroriste à l’explosif". Das Warnsystem kannte vier Stufen, von Weiß über Gelb, Orange, Rot und Scharlachrot, stand aber bis zu seiner Abschaffung dauerhaft auf Rot.

Damit kommen wir zu den wichtigsten Warnstufen für alle Menschen, die in Deutschland leben. Sie werden von den Wetterdiensten und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz regional oder lokal festgelegt und zeichnen bedrohliche Lagen mit Orange, Rot und Dunkelrot aus. Die Farben findet man in NINA, der Notfallinformations- und Nachrichten-App, die vor Katastrophen warnen soll. NINA ist föderal ausgelegt: Während in Mecklenburg-Vorpommern die Zahl der bestätigten Corona-Informationen und die Zahl und Lage der Testzentren mitgeteilt wird, gibt es dazu in Berlin keinerlei Informationen.

Die kleine und sicherlich unvollständige Liste der Warnungen und Warn-Einstufungen darf aber nicht ohne die vier Farben auskommen, die tief in der abendländischen Kultur verwurzelt sind. Farbcodiert künden die Pferde der apokalyptischen Reiter vom drohenden Ungemach. Weiß ist dabei je nach theologischer Auslegung die positive "Baseline" oder bereits die erste Plage, gefolgt von Rot und Schwarz für Krieg und Tod. Am Ende ist alle Farbe weg: Fahl steht für Krankheit, Niedergang und Tod, da braucht es keine Warnstufe mehr. (mho)