rbb-Programmdirektor: Fake News widerlegen ist eigentlich nicht unser Job
Angesichts einer "historischen Umwälzung in der Kommunikation" könnten auch Hunderte Faktenfinder nicht helfen, meint der rbb-Programmdirektor.
Vor allem Populisten nutzen zunehmend die sich online bietende Möglichkeit, über soziale Netzwerke ihre eigene Öffentlichkeit herzustellen und Falschmeldungen durchs digitale Dorf zu jagen. Ist der Öffentlich-rechtliche Rundfunk da gefordert, solche "Fake News" mit teils hohem Rechercheaufwand zu widerlegen und für Aufklärung zu sorgen? "Das ist eigentlich nicht unser Job", sagt Jan Schulte-Kellinghaus, Programmdirektor des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb). Auch Hunderte Faktenfinder würden angesichts der laufenden "historischen Umwälzung in der Kommunikation" nicht weiterhelfen.
Getragen werde diese Entwicklung von Algorithmen, die besonders polarisierende Nachrichten "als Katalysator in die Welt tragen nach Regeln der Aufmerksamkeit", erläuterte Schulte-Kellinghaus am Mittwoch auf der re:publica in Berlin seine Haltung. Diese seien erfunden worden, "um gezielt Werbung an die Leute zu bringen", und würden nun "für antidemokratische Tendenzen missbraucht". Ein Gegenmodell sehe er noch nicht am Horizont, sodass im besten Fall "die Gemeinwohlidee bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken einziehen müsste". ARD, ZDF & Co. könnten jedenfalls selbst "nichts Vergleichbares" auf die Beine stellen.
Faktencheck durch Ă–ffentlich-Rechtliche
Der Medienbeobachter Stefan Niggemeier widersprach Schulte-Kellinghaus vehement: "Wer sollte es sonst machen?", setzte er sich fĂĽr ein starkes Engagement der Ă–ffentlich-Rechtlichen bei Faktenchecks ein. "WofĂĽr geben wir unser Geld eigentlich aus?", fragte er aus Sicht des GebĂĽhrenzahlers. Schon aus dem Informationsauftrag der gemeinsam finanzierten Sender ergebe sich die Aufgabe auch zu gucken, "dass die Leute nicht auf jeden Unsinn hereinfallen".
Zugleich mahnte der Übermedien-Blogger Niggemeier, "den Kampf gegen Fake News nicht als verlängerten Kampf gegen Rechts zu sehen". Einschlägige Aktivitäten seien nur glaubwürdig, "wenn man selbst überhaupt keine ideologische Brille hat". Genauso wichtig sei es, auch mal auf Kritik hin zu sagen: "Da haben wir was übersehen, es gibt noch ganz andere Geschichte." Ferner müssten die Nutzer ihren Teil beitragen und sich selbst fragen, "wie sehr wollen wir eine Geschichte glauben, feiern und teilen".
Den Systemkritikern und Populisten gehe es darum, grundsätzlich die Glaubwürdigkeit auch in Journalisten und den öffentlichen Diskurs zu zerstören, erklärte Patrick Gensing, Leiter des ARD-Faktenfinder. Neben Moskau habe auch US-Präsident Donald Trump dies "zur offiziellen Regierungspolitik gemacht". In sozialen Netzwerken seien so die großen journalistischen Akteure "auf Augenhöhe mit reißerischen Seiten wie Journalistenwatch", hinter denen "viel Geld" stecke.